Nachdem der allerorten erwartete Crash gegen Ende des ausklingenden Jahrtausends bereits ausgeblieben war, hätte klar sein müssen, daß auch die prognostizierte Rallye ins neue Jahrtausend etwas verhaltener ausfallen würde. Große Teile eines mehr oder weniger berechtigten Kursfestivals waren schon im letzten Quartal 1999 vorweggenommen worden.

Fondsmanager und so mancher selbsternannte Anlageexperte verweisen in schwierigen Börsenphasen gerne auf das so wichtige Stockpicking, mit dem man auch in etwas rauheren Zeiten den Märkten noch ein Schnäppchen schlagen könne. Fakt ist aber, daß die meisten der vorhergesagten Entwicklungen nicht eingetreten sind und daher auch viele Fonds seit Jahreswechsel nicht mehr im positiven Terrain anzutreffen sind. Nach mehreren Jahren zweistelliger Zuwächse für viele Börsenfreunde ein ungewohntes Bild.

Es war dabei jedoch nicht etwa so, daß der Frühling keinerlei Gewinne für Anleger parat hielt. Nur war den kurzen, übertriebenen Auswüchsen keine Nachhaltigkeit beschieden, so daß viele Titel allesamt an ein und demselben Tag ihre Allzeithochs markierten – und danach zu einem teilweise immer noch anhaltenden Sinkflug ansetzten, dessen Ende speziell in den nun laufenden, traditionell flauen Sommermonaten noch nicht abzusehen ist.

Der deutsche Aktienindex DAX ist mittlerweile wieder dort angelangt, wo er zum Jahresende 1999 stand – zwischenzeitlich lag er bei über 8.000 Zählern schon 20 % im Plus. Dem amerikanischen Leitindex Dow Jones geht es indessen noch schlechter: Die gleich im Januar markierten Höchststände bei 11.750 Zählern rücken mehr und mehr in weite Ferne. Sogar ein dritter Bruch der psychologisch wichtigen 10.000er-Marke ist nur noch 5 % entfernt.

Nicht besser sieht es in Asien aus, wo man für das laufende Jahr eine Fortsetzung der seit der Asienkrise vor 2 ½ Jahren laufenden Erholung in Aussicht gestellt hatte. Sämtliche Indizes, angeführt vom Nikkei und dem Hang-Seng, sind nach einer kurzen Rallye zu Jahresbeginn in den roten Bereich abgetaucht. Vor allem die kleineren Börsen wie die in Südkorea, Thailand, etc., haben bezeichnenderweise unter einem spürbaren Mittelabfluß zu leiden. Ein Großteil der vorangegangenen Gewinne fußte auf den High Techs, die aber auf den Boden der Realität zurück geholt wurden, nachdem sie zuvor vor allem von ausländischen Investoren auf der Suche nach unentdeckten Anlage-Alternativen in den Himmel gelobt worden waren.

Daß die Fahnenstange an der US-Technologiebörse Nasdaq sehr bald erreicht werden mußte, wurde deutlich, nachdem die Tausender-Marken in immer kürzeren Abständen genommen wurden. So folgte das Durchbrechen der 5.000-Punkte-Marke keine 50 Handelstage nach dem Nehmen der 4.000, wo das Jahr in etwa begonnen hatte. Noch schneller wurden allerdings diese Zielmarken auch im Rückwärtsgang wieder passiert: Vom Höchststand bei 5.100 bis zum Tiefststand in diesem Jahr bei knapp über 3.000 brauchte es ebenfalls weniger als 50 Handelstage. Inzwischen liegt der Nasdaq-Index fast wieder genau auf Jahresschluß-Niveau. Jemand, der eine halbjährige Kreuzfahrt ohne die Möglichkeit zur Börsenkursinformation gemacht hätte, müßte zwangsläufig zu dem Schluß kommen, daß in diesem Jahr noch rein gar nichts wichtiges passiert wäre.

Selbst Neuemissionen laufen nicht mehr von alleine. Fast 40 % der diesjährigen deutschen Neuemissionen liegen mittlerweile unter dem Ausgabepreis. Unternehmen, die sich dieses Schicksal ersparen wollten, zogen in den letzten Monaten ihr IPO kurzerhand zurück und/oder wollen es in einem besseren Börsenklima versuchen.

Trotz allem gab es aber auch Gewinner: Kaum zu glauben, aber der NEMAX All Share-Index liegt selbst nach dem Einbruch von  fast 40 % immer noch 20 % in diesem Jahr im Plus. Mit einem kleinen einstelligen Gewinn liegt auch der Euro-Stoxx 50 noch im grünen Bereich. Fazit: Gewinner und Gewinne gibt es überall, doch bereitet das Aufspüren derselbigen in diesem Jahr größere Probleme als in den Jahren zuvor.

Die GoingPublic-Kolumne erscheint börsentäglich in Zusammenarbeit mit dpa-AFX.

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