Auch wenn das Schreckensbild des aktivistischen Aktionärs sich in den letzten Jahren verändert hat, müssen insbesondere Unternehmen, die auf der Hauptversammlung kritische Tagesordnungspunkte stehen haben oder bei denen aus anderen Gründen aus dem Aktionärskreis Gegenwind zu erwarten ist, bei der Hauptversammlungsvorbereitung und -durchführung besondere Sorgfalt und Vorsicht walten lassen. Mit wenigen organisatorischen und personellen Vorsorgemaßnahmen kann man das Risiko von Anfechtungs- und Nichtigkeitsklagen reduzieren.

Achten Sie auf Ihre Fristen!

Eines der einfachsten organisatorischen Dinge, die man im Vorfeld einer HV beachten kann, ist der rechtzeitige Beginn der Vorbereitungen. So müssen die Tagesordnung und Unterlagen, wie Jahresabschlüsse und Vollmachtformulare, immer wieder auf ihre Ordnungsmäßigkeit geprüft werden, um Angriffspunkte zu vermeiden. Gesetzlich oder satzungsmäßig vorgeschriebene Fristen sollten dabei um Puffertage verlängert werden, um etwaige Mängel bei der Einberufung noch fristgerecht beheben zu können.

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Bereiten Sie sich und Ihre Funktionsträger vor!

Vor einer HV sollte es ausführliche Einweisungen der Betroffenen in die einzelnen Aufgaben geben, die der Betreffende auszuführen hat. So sollte jeder Versammlungsleiter den Leitfaden rechtzeitig im Vorfeld erhalten und auch durchgelesen haben. Eine Generalprobe am Vortag ist dabei insbesondere bei geändertem Setup (neue Räume, neuer Versammlungsleiter etc.) hilfreich.

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Halten Sie Informationen bereit!

Die mit der Einberufung zur Verfügung gestellten Informationen müssen während der gesamten Einberufungszeit den Aktionären zur Verfügung gestellt werden. Aus diesem Grund achten Sie regelmäßig darauf, dass die HV-Webseite verfügbar ist, und prüfen Sie vor Veröffentlichung, ob die Dokumente zu öffnen sowie lesbar sind und sich hinter dem Titel auch die richtige Datei verbirgt. Achten Sie darauf, dass Ergänzungsverlangen und Gegenanträge zeitnah sowie vollständig auf der HV-Webseite veröffentlicht werden. Am Tag der HV stehen dann sämtliche Unterlagen inkl. etwaiger Konzern- und Einzelabschlüsse vollständig unterschrieben zur Einsicht zur Verfügung.

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Der Weg ist das Ziel!

Achten Sie darauf, in der Tagesordnung die vollständige Adresse des Versammlungsortes, ggf. mit Angabe des Stockwerks und der Raumbezeichnung, anzugeben. Prüfen Sie, ob der Eingang zum Versammlungsort ggf. eine abweichende Anschrift aufweist. Insbesondere hierbei ist die Abbildung einer Anfahrtsskizze sehr hilfreich. Ebenso muss die Beschilderung zum Versammlungsort sowie zum Versammlungsraum gut sichtbar und eindeutig sein.

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Sorgfalt geht vor Schnelligkeit!

Eine Masche aktivistischer Aktionäre ist das Verbreiten von Hektik und Unruhe während der Registrationsphase. Lassen Sie sich nicht auf Diskussionen ein und bleiben Sie ruhig. Nur eine sorgfältige Registration mit Kontrolle aller Daten bringt Ihnen eine rechtssichere Präsenz. Ggf. notwendige Maßnahmen sollten mit dem anwesenden Anwalt abgestimmt werden.

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Achten Sie auf den richtigen Ton!

Achten Sie auf eine ausreichende Beschallung im gesamten Präsenzbereich. Auch wenn kürzlich ein Urteil eine unzureichend beschallte Toilette nicht mehr als Anfechtungsgrund anerkannt hat, so erwarten viele Aktionäre eben dies noch immer. Unliebsame Nachfragen in diese Richtung können so vermieden werden.

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Sichern Sie sich ab!

Die Security nimmt insbesondere bei mittelgroßen und großen HVs eine wichtige Rolle ein. Die Bewachung sämtlicher Neben- und Notausgänge kann verhindern, dass ungebetene Gäste an der Versammlung teilnehmen oder registrierte Aktionäre die HV verlassen, ohne dass sie sich abgemeldet haben und damit für eine nicht korrekte Präsenz sorgen. In diesem Zusammenhang ist auch eine eindeutige Begrenzung des Präsenzbereichs vorzusehen.

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Ruhe bewahren!

Sollten sich Aktionäre entschließen, auf Konfrontationskurs zu gehen, so ist es für Mitarbeiter, Hostessen, Security und insbesondere auch für die Beteiligten auf dem Podium wichtig, Ruhe zu bewahren. Gemeint ist, dass sich der Einzelne nicht provozieren lässt und daraus ungewollte Handlungen resultieren. Eine geschickte Versammlungsleitung kann hier ebenfalls oft deeskalierend wirken. Keinesfalls sollte sich ein Versammlungsleiter auf Zwiegespräche einlassen und dabei ggf. falsche Aussagen treffen. Die Diskussionen der aktivistischen Aktionäre zielen nämlich genau darauf ab, Vorstände oder andere HV-Beteiligte zu Falschaussagen zu provozieren. Da die Angriffe einiger Aktionäre oftmals auch auf einer verbalen Ebene geführt werden, die für Versammlungsleiter, Vorstände oder auch Hostessen nicht vorstellbar ist, sollten bereits im Vorfeld der HV solche Situationen gezielt angesprochen werden, damit sich die betreffenden Personen darauf einstellen können.

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Dem roten (Leit-)Faden folgen!

Leitfäden und Sonderleitfäden sind gerade dazu erstellt worden, bei brenzligen Situationen rechtssichere Maßnahmen zu ergreifen. Beispiel: Vergreift sich ein Aktionär im Ton, kann dieser nicht sofort des Saales verwiesen werden, sondern muss einen mehrstufigen Prozess der Maßregelung durchlaufen, bevor als Ultima Ratio der endgültige Verweis des HV-Ortes stehen kann. Zudem bietet der Leitfaden dem Versammlungsleiter Sicherheit bei der Durchführung der HV.

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Holen Sie sich Unterstützung!

Ebenso wie der Versammlungsleiter einen Leitfaden als Orientierungshilfe hat, sollte man sich bei einer zu erwartenden kritischen Hauptversammlung auf jeden Fall auch Unterstützung im Backoffice holen. Fragenkataloge, die man im Vorfeld vorbereiten kann, der Einsatz von Stenografen und ein professionelles Frage- und Antwort-System sind ein sinnvolles Setup für kritische Hauptversammlungen. Mit der damit vorhandenen Möglichkeit einer gerichtsfesten Dokumentation der Generaldebatte wird auch die Gefahr von Anfechtungsklagen verringert.

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Fazit

Die (potenzielle) Anwesenheit sogenannter räuberischer Aktionäre schwebt noch immer wie ein Damoklesschwert über vielen HV-Verantwortlichen. Auch wenn die Angriffe in den vergangenen Jahren zahlenmäßig weniger geworden sind, waren die Auftritte, wenn sie denn kamen, nicht weniger heftig. Das Wichtigste ist, dass man sich dieser Gefahr bewusst ist und die Betroffenen im Vorfeld einer HV über die zu erwartenden Auftritte informiert und sie darauf einstellt. Und die einfachste Möglichkeit, Aktionäre zu besänftigen, ist noch immer eine ausreichende Verpflegung, ein Ticket für den öffentlichen Nahverkehr sowie
ein kleines Give away. Damit hat man zumindest die Masse der Aktionäre hinter sich und zusätzlichen kritischen Wortmeldungen Einhalt geboten.

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