Norbert Paulsen, Geschäftsführer, AfU Agentur für Unternehmensnachrichten GmbH, und Daniil Wagner, CFA, Senior Consultant, WPFC Consulting GmbH

2012 wurden insgesamt deutlich weniger Kapitalgesellschaften gegründet als im Vorjahr. Wie aus den Unternehmensdatenbanken der AfU Agentur für Unternehmensnachrichten und der databyte GmbH hervorgeht, wurden im vergangenen Jahr 83.838 Kapitalgesellschaften gegründet. Gegenüber dem Vorjahr entspricht das einem Rückgang von 7%. Besonders stark war der Rückgang bei den Aktiengesellschaften, deren Neugründungen sich um 16% verringerten. Die Insolvenzquote stabilisierte sich mit 6,6% auf dem Niveau des Vorjahres (6,7%).

 

Anteil der AGs an den Gründungen rückläufig
Die Euro-Krise und die damit verbundene gedämpfte wirtschaftliche Entwicklung in Deutschland haben sich auch in den Gründungszahlen niedergeschlagen. Besonders betroffen waren dabei die Aktiengesellschaften. Nach 847 Gründungen mit dieser Rechtsform 2011 gab es im Jahr 2012 nur noch 709 neue AGs. In Relation zur Gesamtzahl der Gründungen entsprach dies gerade mal 0,9%. Zum Vergleich: Im Internetboom-Jahr 2000 waren es 4,9%. Damit wurden sowohl absolut als auch relativ so wenige AGs gegründet wie seit Beginn unserer Auswertung im Jahr 1999 nicht mehr.

Bei der Aufteilung der insgesamt fast 2 Mio. Aktiengesellschaften nach Grundkapital, Mitarbeiterzahl und Umsatz hat sich indes kaum etwas verändert. Hier gab es in allen drei Kategorien lediglich eine geringe Erhöhung des Anteils kleiner AGs, und zwar auf Kosten der Gesellschaften aus anderen Größenbereichen. So verfügen 36% der AGs über nicht mehr als 5 Mitarbeiter; vor etwa einem Jahr lag dieser Anteil bei 35%.

Diese Veränderungen werden von der realwirtschaftlichen Gesamtlage wie auch von Entwicklungen am Kapitalmarkt getrieben. Auf der gesamtwirtschaftlichen Seite war die Euro-Krise weiterhin der entscheidende Faktor. Nach zwischenzeitlichen Stabilisierungstendenzen ist hier mit den aktuellen Verwerfungen in Zypern das Krisenfeuer allerdings neu entflammt. Obwohl Deutschland im Vergleich zu den Ländern mit massiven Problemen beim Staatshaushalt und im Bankensektor als „Hort“ der Stabilität erscheinen mag, konnte es sich nicht vollkommen von den negativen Tendenzen in Europa abkoppeln. So ging der Zuwachs beim preisbereinigten Bruttoinlandsprodukt gemäß den vom Statistischen Bundesamt im Januar bekannt gegebenen Zahlen von 3,0% im Jahr 2011 auf 0,7% im Jahr 2012 zurück. Damit zeigte sich die deutsche Wirtschaft zwar widerstandsfähig, aber eben nicht immun.

Schwergewichte bei Börsengängen
Die Entwicklung am Kapitalmarkt war im letzten Jahr durchwachsen. Zwar konnte im regulierten Markt der Frankfurter Wertpapierbörse (FWB) mit einem Platzierungsvolumen in Höhe von 2,35 (Vorjahr: 1,5) Mrd. EUR fast der Wert von 2010 (2,5 Mrd. EUR) wiederholt werden, doch wurde dies maßgeblich von zwei Börsengängen getrieben. So sammelten Telefónica Deutschland Holding und die Talanx zusammen alleine 2,3 Mrd. EUR ein. Gemessen an der Anzahl der Gesellschaften war die Tendenz sogar rückläufig, denn nach insgesamt 16 Gesellschaften im Vorjahr trauten sich 2012 nur elf Unternehmen an den regulierten Markt der FWB. Neben den verhaltenen allgemeinen Rahmenbedingungen sorgten hier die schnelle Insolvenz des Börsenneulings Hess AG sowie die Neuordnung des Freiverkehrs der Frankfurter Wertpapierbörse und die damit verbundenen Delistings für negative Signale. Auf der anderen Seite konnte der regulierte Markt an den Regionalbörsen gegenüber dem Vorjahresstichtag einen deutlichen Zuwachs von 46 auf 63 Unternehmen verzeichnen.

Immobiliengesellschaften stehen 2013 in den Startlöchern Grundsätzlich wird 2013 wohl erneut ein Jahr der Herausforderungen für die deutsche Wirtschaft und damit auch die Gründer. Aus der europäischen Perspektive wird von Bedeutung sein, ob eine stabile Architektur für die Eurozone bzw. die Europäische Union gefunden wird. Für die deutsche Regierung gibt es ebenfalls eine Reihe von Hausaufgaben. Dazu zählt unter anderem die weitere Ausgestaltung der Energiewende unter weitestgehender Berücksichtigung der Ansprüche möglichst aller Beteiligten. Des Weiteren wird sich auch im Zuge der bevorstehenden Bundestagswahl noch herauskristallisieren müssen, inwiefern bereits umgesetzte oder eingeleitete Reformen des Arbeitsmarktes zurückgenommen werden. Letzteres könnte sich negativ auf die konjunkturelle Situation in Deutschland auswirken. Passend dazu fiel die Anzahl der neugegründeten Kapitalgesellschaften in den etwas mehr als drei Monaten bis 5. April 2013 mit 6.277 noch niedriger als im vergleichbaren Zeitraum des bereits schwachen Vorjahres aus, in dem bis zum Stichtag 14. April 2012 lediglich 6.370 Neugründungen zu verzeichnen waren.

Ausblick
Am Kapitalmarkt ist die Liste möglicher Börsenaspiranten recht umfangreich, doch haben lediglich ganz wenige Unternehmen ihre Planung wirklich näher spezifiziert. Dazu zählt neben dem Gabelstaplerhersteller Kion auch die Immobiliengesellschaft Deutsche Annington. Im Immobilienbereich hat sich der erfolgreiche Börsengang von LEG Immobilien Anfang Februar 2013 positiv auf die Marktstimmung ausgewirkt, so dass hier gleich rund fünf Börsenaspiranten in den Startlöchern stehen. Außerdem scheint der Trend zu Abspaltungen von Unternehmensteilen und deren Platzierung an der Börse („Spin-off“) weiter zu bestehen. Dazu haben sich neben „Dauerbrennern“ wie ThyssenKrupp Steel oder Siemens Hörgeräte auch neue Namen wie die weitere Siemens-Tochter Siemens Enterprise Communications oder Springer Science & Business Media gesellt. Politische Brisanz könnte der erneute Börsengang der in Schieflage geratenen und mit Steuergeldern geretteten Bank Hypo Real Estate sein, dessen Umsetzung in diesem Jahr allerdings aus heutiger Sicht wenig wahrscheinlich ist.

 

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Dieser Artikel ist erschienen in der Sonderausgabe Kapitalmarktrecht 2013. Hier als E-Paper lesen.

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