Die Beteiligung von Führungskräften verfolgt in der Regel zwei Ziele: Zum einen soll die Person motiviert werden, im Unternehmen langfristig zu bleiben und zum Erfolg beizutragen. Zum anderen sind Beteiligungsprogramme langfristige Vergütungsbestandteile innerhalb eines komplexen Vergütungspakets. 

Prof. Dr. Wolfgang Blättchen
Prof. Dr. Wolfgang Blättchen

Der Gesetzgeber hat Vorschriften für börsennotierte Gesellschaften erlassen, die eine „angemessene Vergütung“ des Vorstandes vom Aufsichtsrat verlangen. Der § 87 des AktG besagt, dass die Vergütungsstruktur auf eine nachhaltige Unternehmensentwicklung auszurichten sei und daher die variablen Vergütungsbestandteile einer mehrjährigen Bemessungsgrundlage zugrunde liegen sollen.

Somit wird die Absicht hervorgehoben, keine kurzfristige Gewinnmaximierung zu belohnen, sondern den langfristigen Unternehmenserfolg als Grundlage zu nehmen. Ob diese hehre Absicht in der Praxis immer gelingt, sei dahin gestellt. Die derzeitige Diskussion über die Vergütung des VW-Vorstandes zeigt angesichts der außerordentlichen Belastungen aus dem Abgasskandal die Grenzen einer solchen Absicht. Obwohl VW die gesetzlichen Vorgaben einschließlich der Empfehlung des DCGK über die Vorstandsvergütung vollständig umsetzt, können diese Regelungen nicht verhindern, dem Vorstand hohe Erfolgszahlungen während der bisher größten Unternehmenskrise zu bezahlen.

Die variablen Vergütungskomponenten für die VW-Vorstände sind, so wie es der Gesetzgeber wollte, an den Unternehmenserfolg der letzten zwei bis vier Jahre geknüpft. Da diese Jahre für den Konzern sehr erfolgreich waren, fallen im Krisenjahr Erfolgszahlungen an. Für Aktionäre und Mitarbeiter ist diese „Glättung“ kaum vermittelbar. Inwieweit hier die Pflicht des Aufsichtsrats greift, unbillige Zahlungen zu verhindern, wird sich zeigen.

Auch bei „Start-ups“ ist die Führungskräfte-/Mitarbeiterbeteiligung nicht unproblematisch. Im Gegensatz zu VW geht es hier mangels Liquidität nicht um die Festlegung einer hohen jährlich zu zahlenden variablen Vergütung, sondern um die langfristige Mitarbeiterbindung und Motivation zur Wertsteigerung. Ein schnelles Wachstum führt i.d.R. dazu, dass eine wachsende Anzahl neuer Mitarbeiter in diese Beteiligungsprogramme aufgenommen werden müssen. Eine direkte Kapitalbeteiligung jeder einzelnen Person, die üblicherweise auch ein Informations- und Stimmrecht beinhaltet, wäre in ihrer Verwaltung zu komplex und würde zudem von den bestehenden und künftigen VC-Investoren nicht mitgetragen.

In der Praxis haben sich daher zwei Modelle für die Führungs- und Mitarbeiterbeteiligung in stark wachsenden Unternehmen etabliert. Zum einen können Mitarbeiter über ein treuhänderisch geführtes Beteiligungsvehikel indirekt am Unternehmen beteiligt werden. In diesem Konstrukt werden die Informations- und Mitspracherechte über einen Treuhänder gebündelt. Der Begünstigte erhält somit direkt Anteile an dem Beteiligungsvehikel. Nachteilig ist natürlich, dass diese Treuhandlösung ebenfalls administrativ aufwendig ist und der eingesetzte Treuhänder durch die Beteiligung ebenfalls Einfluss in die Entscheidung der Geschäftsleitung und der Investoren wahrnehmen kann. Bei Verkauf des Unternehmens oder eines IPOs werden die Anteile mitverkauft bzw. umplatziert und der Erlös kommt den Beteiligten zu.

Der zweite Lösungsansatz ist die Ausgabe von virtuellen Beteiligungsformen (Phantom Shares etc.), die den Begünstigten beim Eintreten eines Ereignisses („Trade Sale“ oder IPO) in Abhängigkeit von der erzielten Bewertung eine einmalige Vergütung über die Gesellschaft zukommen lässt. Eine direkte Einflussnahme in Form von Mitsprache oder Informationspflicht entsteht hier nicht. Die Ausgabe dieser Instrumente ist deutlich unkomplizierter.

Eine Auszahlung an die Begünstigten wird im Falle eines „Trade Sales“ an einen strategischen Investor oft unkritisch gesehen, da der Erwerber in der Gesellschaft sein eigenes Führungsteam installiert. Problematischer sieht es bei einem Mehrheitsverkauf an einen Finanzinvestor oder im Falle eines IPOs aus, bei dem die Investoren erwarten, dass die Führungskräfte an Bord bleiben und weiterhin Werte schaffen. Aus diesem Grund sollten die Beteiligungsprogramme vor dem Börsengang in ein kapitalmarkttaugliches Programm überführt werden.

Die Installation eines „Matching Stock Programms“ kann diese Interessenswidersprüche lösen, da ein Teil des Verkaufserlöses wieder in die Gesellschaft mit einem „Hebel“ reinvestiert wird. Zudem beinhaltet ein Beteiligungsprogramm immer ein Leistungsversprechen des Unternehmens an die Begünstigten, das entsprechend bilanziert wird. Ein entstehender außerordentlicher Aufwand aus dem Beteiligungsprogramm muss vor allem im Falle eines Börsengangs den Investoren erklärt werden. Daher wird empfohlen, sich rechtzeitig mit diesem Thema auseinanderzusetzen, da die sog. „Zweiklassensysteme“ wie in den USA nicht möglich sind. Laut DealLogic sind 2015 immerhin 27 von 174 US-IPOs mit einem Marktwert von 12,6 Mrd. USD mit Sonderstimmenrechten an den Markt gegangen.

Die Kolumne erschien zuerst im GoingPublic Magazin 6-2016.

Autor/Autorin