Unternehmen
Die deutschen Derby Cycle Werke wurden 1988 als Tochter des internationalen Derby-Konzerns gegründet. 2005 erwarb das Private-Equity-Haus Finatem, das 85% hält, gemeinsam mit dem Management um Vorstandschef Mathias Seidler das Unternehmen. Zu Derby Cycle gehören die Fahrradmarken Focus, Univega, Kalkhoff, Rixe und Raleigh. Mit einem Umsatz von 173 Mio. EUR im letzten Geschäftsjahr (Gj.ende: 30.9.) und rund 430.000 verkauften Fahrrädern ist Derby Marktführer auf dem – allerdings stark fragmentierten – deutschen Fahrradmarkt. Die EBIT-Marge lag 2010 bei bescheidenen 7,1%.

Derby Cycle – Geschäfts- und Kennzahlen

2010

2011e

2012e

2013e

Umsatz*

173,2

195,0

215,0

230,0

Nettoergebnis*

7,5

9,0

11,0

12,0

EpS

1,00

1,20

1,47

1,60

KGV min.

11,5

9,6

7,8

7,2

KGV max.

15,5

12,9

10,6

9,7

*) in Mio., sämtliche Angaben in Euro; Quelle: GoingPublic Research


Markt
Insgesamt werden in Deutschland rund 4,3 Mio. Fahrräder pro Jahr verkauft, was einem Gesamtumsatz von etwa 1,7 Mrd. EUR (zu Verkaufspreisen) entspricht. Das abgelaufene Jahr war für die Fahrradbranche von den Voraussetzungen her eigentlich kein gutes: „2010 war das wohl denkbar unvorteilhafteste Kalenderjahr für die Fahrradindustrie: vier Monate Schnee und ein komplett verregneter August“, fasst Seidler das Jahr zusammen. Über zwei Drittel der Fahrräder werden nach den Zahlen des Zweirad-Industrie-Verbands (ZIV) in Fachgeschäften und Fachmärkten abgesetzt – mit steigender Tendenz über die letzten Jahre. Über Discounter, Bau- und Supermärkte gehen rund ein Viertel der Räder an die Kunden. Auf diesen Vertriebskanal konzentriert sich der bislang einzige börsennotierte deutsche Fahrradhersteller Mifa.

Wesentlich besser als Mifa ist die ebenfalls börsennotierte niederländische Accell-Gruppe als Vergleichsmaßstab zu Derby Cycle heranzuziehen. Anders als der deutsche Konkurrent ist Accell als unangefochtener europäischer Marktführer (Umsatz 2009: 640 Mio. EUR) allerdings nicht nur in seinem Heimatmarkt, sondern auch in weiteren europäischen Ländern gut vertreten, in Deutschland etwa mit den Marken Hercules, Winora und Ghost. Mit den nicht börsennotierten Herstellern Gazelle und Cycleurope (u.a. Bianchi) konkurriert Derby Cycle in Europa um den zweiten Rang. Weltweiter Marktführer ist Giant aus Taiwan.

Die Zukunft ist „e“
Ein Trend, von dem die gesamte Fahrradbranche profitieren kann, ist das E-Bike – zumal die Verkaufspreise (noch) deutlich höher liegen als bei Fahrrädern ohne Elektroantrieb. Derby Cycle ist nach eigenen Angaben mit einem Anteil von 20% auch bei E-Bikes deutscher Marktführer. „Der E-Bike-Markt hat sich vollkommen von der wirtschaftlichen Entwicklung entkoppelt“, so Seidler. 2009 waren zwar gerademal 4% aller in Deutschland verkauften Räder E-Bikes – jedoch mit stark steigender Tendenz.

Börsengang
Die Einnahmen aus dem Börsengang will Derby Cycle dazu verwenden, dorthin zu kommen, wo Accell schon ist. Im europäischen Ausland und insbesondere in den USA hat das Unternehmen noch Nachholbedarf.

Das öffentliche Angebot erstreckt sich auf 5,95 Mio. Aktien, von denen jedoch nur 1,5 Mio. aus einer Kapitalerhöhung stammen. Der Umfang der Umplatzierung ist mit 4,45 Mio. Aktien sehr hoch. Hinzu kommt eine Mehrzuteilungsoption aus 0,89 Mio. Anteilsscheinen ebenfalls aus dem Besitz der Altaktionäre. Bei einer Gesamtzahl von 7,5 Mio. Aktien läge der Free Float bei vollständiger Ausübung des Greenshoes bei über 90%.

Derby Cycle – Emissionsparameter
WKN

A1H6HN

Erstnotiz

4. Februar

Zeichnungsfrist

24. Januar bis 2. Februar

MarketCap

86,3 bis 116,3 Mio. Euro

Marktsegment

Prime Standard

Emissionsprospekt

ja

Emissionsvolumen

68,4 bis 106 Mio. Euro

Konsortium

BHF Bank, equinet, M.M. Warburg

Free Float

max. 91,2 %

Internet

www.derby-cycle.com

 

Der Emissionserlös beläuft sich auf bis zu 106 Mio. EUR, von denen ein Großteil in die Taschen der Altaktionäre fließen würde. Insbesondere Finatem sieht offenbar einen geeigneten Zeitpunkt für den Exit gekommen, doch auch das Management wird nach dem IPO nur noch einen kleinen Anteil der Aktien halten. Aus der Kapitalerhöhung fließen dem Unternehmen bis zu 23 Mio. EUR zu. Die maximal mögliche Marktkapitalisierung von 116 Mio. EUR spiegelt im Vergleich zum aktuellen Börsenwert von Accell (ca. 400 Mio. EUR) die Größenverhältnisse beider Unternehmen ziemlich genau wider. Eine Dividende auszuschütten, plant Derby Cycle vorerst nicht.

Fazit
Fahrräder sind zwar „Old Economy“, aber dennoch eine Branche mit Zukunft. Demografie und Umweltbewusstsein machen die Zweiräder wieder zu einem Trendprodukt, was sich gerade am derzeitigen E-Bike-Boom ablesen lässt. Derby blickt auf ein beachtliches Wachstum über die letzten Jahre zurück, und vieles spricht für eine Fortsetzung in der nahen Zukunft. Eine große Kursfantasie wird deshalb aber nicht aufkommen – zu gering sind derzeit noch die Margen, zu fragmentiert der gesamte Fahrradmarkt. Eine ernsthafte Konsolidierung ist nicht in Sicht. Zudem stellt sich die Frage, warum der Umplatzierungsanteil im Vergleich zum Volumen der Kapitalerhöhung so hoch ist. Und auf eine Dividende müssen die Anleger erst einmal etwas warten. Auf schnelle Kurssprünge wohl auch. Eine Zeichnung am unteren Ende der Preisspanne kann sich lohnen für Investoren, die Geduld mitbringen.

Oliver Bönig

 

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