Der Begriff Greenshoe bezeichnet eine Option der Konsortialbanken, bei hoher Nachfrage mehr Aktien an die Zeichner zuzuteilen, als ursprünglich vereinbart wurden. Zur Stabilisierung des Kurses nach der Emission können diese Aktien innerhalb einer bestimmten Frist zurückgekauft werden. Seit dem Wechsel vom Festpreisverfahren zum Bookbuilding erfreut sich die Nutzung der Greenshoe-Option wachsender Beliebtheit. Trotzdem sind Bedeutung und Funktionsweise dieses Instruments vielen Privatanlegern noch weitgehend unklar.

Durch die Vereinbarung eines Greenshoes kann das Emissionsvolumen die ursprünglich vereinbarte Größe deutlich übertreffen. Sein Name stammt von der Greenshoe Manufacturing Co., Boston, bei deren Börsengang das Instrument erstmalig zur Anwendung kam. Im Kern bezeichnet der Greenshoe eine Option für die Konsortialbanken, bei ausreichender Nachfrage bis zu 15 % mehr Aktien zuzuteilen, als anfänglich vorgesehen. Die Zeichner der zusätzlich zugeteilten Stücke bedient die Konsortialbank zunächst, indem sie Aktien von Alteigentümern per Wertpapierleihe bezieht. Innerhalb der Greenshoe-Frist von 30 Tagen muß die Bank aber für die Deckung dieser Tranche sorgen, wofür sich gemäß der Greenshoe-Vereinbarung zwei Möglichkeiten bieten. Entweder kauft die Bank Aktien an der Börse zurück, oder sie darf die Stücke der Mehrzuteilung am Ende der Frist aus einer zusätzlichen Kapitalerhöhung oder aus dem Altaktionärsbestand zum Emissionspreis beziehen. Welche Variante dabei zum Zuge kommt, hängt vom weiteren Kursverlauf der Aktie nach der Emission ab.

Für den Fall, daß der Kurs der emittierten Aktien unter ihr Ausgabeniveau fällt, können die Konsortialbanken die geliehenen Aktien am Markt erwerben und anschließend zurückgeben. Wird der gesamte Greenshoe zurückgekauft, so entspricht danach die Anzahl der insgesamt umlaufenden Aktien dem ursprünglich angekündigten Free-Float. Ein wichtiger Nebeneffekt dieser Operation besteht in der Kursstabilisierung, die durch diese Käufe erreicht werden kann. Da bis zu 15 % der umlaufenden Aktien aus dem Markt genommen werden können, wird die Gefahr eines Überangebots nach der Plazierung deutlich vermindert und das Zeichnungsrisiko der Anleger erheblich reduziert. Wie der Rückkauf der Aktien im einzelnen abläuft, entscheidet die konsortialführende Bank weitgehend selbständig. Dies ermöglicht dem Institut ein hohes Maß an Flexibilität, so daß eine situationsadäquate Handhabung des Instruments sichergestellt wird.

Von der Ausübung des Greenshoes wird nur im umgekehrten Fall, also bei steigenden Kursen, gesprochen. Ausübung bedeutet hier, daß die Bank auf Rückkäufe verzichtet und stattdessen die Anteilsscheine über ihre Option zum Ausgabekurs bezieht. Dabei wurde zuvor festgelegt, ob diese Papiere aus dem genehmigten Kapital oder dem Bestand der Altaktionäre stammen. Seine kursstabilisierende Wirkung entfaltet der Greenshoe hier über die Ausweitung des Angebotes an umlaufenden Aktien. Dadurch können eventuelle, aus der Marktenge resultierende Übertreibungen verhindert und der Kurs auf einem fundamental eher gerechtfertigten Niveau gehalten werden. Bewegt sich der Kurs uneinheitlich um den Emissionskurs, so ist es auch denkbar, daß es nur zu einer Teilausübung kommt, d.h. ein Teil des Greenshoes wird am Markt zurückgekauft. Dies ist in der Praxis jedoch eher unüblich.

Die Bedienung des Greenshoes aus dem Bestand der Alteigentümer stellt für diese einen eleganten Weg dar, sich von einem Teil ihrer Aktien zu trennen. Da der Markt für die Aktie offensichtlich positiv gestimmt und die potentielle Abgabe bereits in die Preisfindung eingeflossen ist, besteht bei einer Veräußerung via Greenshoe kaum die Gefahr, durch die Bekanntgabe der Ausübung eine ähnlich negative Marktreaktion hervorzurufen, wie sie oftmals bei einer hohen Abgabequote innerhalb der regulären Tranche zu beobachten ist. Daher wird diese Variante, die zudem technisch leichter realisierbar ist, einer Kapitalerhöhung des öfteren vorgezogen. Generell beinhaltet die Ausübung des Greenshoes auch kurstreibende Elemente. Den Marktteilnehmern wird signalisiert, daß die bisherige Performance der Aktie ohne kursstützende Eingriffe des Konsortialführers erreicht wurde und daß der Markt das höhere Emissionsvolumen problemlos verkraftet hat. Die Reaktionen vieler Kurse, insbesondere am Neuen Markt, zeigen, daß diese Signale zum Teil sehr positiv aufgenommen werden.

Die Ablösung des Festpreisverfahrens durch das Bookbuilding ist eindeutig begrüßenswert. Der Greenshoe als neues, kursstabilisierendes Instrument hat sich mittlerweile weitgehend durchgesetzt und bewährt. Am deutschen Kapitalmarkt werden nur noch vereinzelt Aktienemissionen ohne Einräumung einer Greenshoeoption abgewickelt. Vorwürfe eines „Kasse machens“ über die Zuteilungsreserve sind ungerechtfertigt, da der Markt selbst für die Ausübung der Option sorgt. Daß mit dem Bookbuildingverfahren und der Greenshoe-Option trotzdem nicht alle Probleme der Aktienplazierung gelöst wurden, zeigen die zum Teil exorbitant hohen Zeichnungsgewinne der letzten Jahre. Bei der weiteren Diskussion um Lösungsansätze sollten die Vorteile des Greenshoes aber keinesfalls vernachlässigt werden.

Die GoingPublic-Kolumne erscheint börsentäglich in Zusammenarbeit mit dpa-AFX.

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