In wenigen Wochen ist es soweit: Die Fußball WM 2018 startet mit dem Titelverteidiger Deutschland. Während wir beim Fußball Weltmeister sind, hinken wir beim Thema Aktienkultur hinterher. Im Gespräch mit dem GoingPublic Magazin erläutert Kay Bommer, warum auf der DIRK Konferenz 2018 eine Brücke zwischen Kapitalmarkt und Sport geschlagen werden soll, welche Trends am Kapitalmarkt generell herrschen und welche Highlights es auf der Jahreskonferenz geben wird.

GoingPublic: Herr Bommer, die diesjährige DIRK-Konferenz findet unter dem Motto „Titelverteidigung Deutschland – Sport, Wirtschaft, Kapitalmarkt“ statt. Was hat es mit dem Titel thematisch auf sich?

Kay Bommer, DIRK - Deutscher Investor Relations Verband.
Kay Bommer, DIRK – Deutscher Investor Relations Verband.

Bommer: Wir wollen eine Brücke schlagen zwischen Sport und dem Kapitalmarkt. Im Fußball sind wir Weltmeister und demnach Titelverteidiger 2018. Auf der Jahreskonferenz wollen wir die Frage klären, was wir tun müssen, damit Deutschland auch als Wirtschafsstandort weiterhin führend bleibt. Obwohl wir eine enorme Anzahl an weltmarktführenden und umsatzstarken Unternehmen in Deutschland haben, gibt es in der hiesigen Aktienkultur noch Nachholbedarf. Wie können wir auch am Kapitalmarkt Weltmeister werden? Zudem wollen wir u.a. klären, wie der Spagat zwischen Emotionen und Kommerzialisierung im modernen Sport funktionieren kann.

Das wird ja ganz schön sportlich…

In der Tat. Am ersten Veranstaltungstag widmen wir uns komplett dem Thema Sport. Fredi Bobic wird uns darüber berichten, was der Fußball mit Wirtschaft zu tun hat. Denn hinter dem Spaßfaktor Fußball, steht ja bekanntlich ein knallhartes Geldgeschäft. Gerne erinnere ich den Zusammenhang an das bekannte Zitat von Otto Rehhagel: „Früher war ich Idealist, heute bin ich Realist und weiß, der beste Fußball wird auf Dauer da gespielt, wo das meiste Geld ist.“ Im darauffolgenden Panel Sport an der Börse – geht das gut? sollen die Herausforderungen der Branche an der Börse näher beleuchtet werden. Diskutanten sind hier unter anderem Christian Daudert von Staramba und Robin Steden von Borussia Dortmund.

Zurück zum Kapitalmarkt: Was sind die wesentlichen Trends aktuell?

Ganz stark im Trend sehen wir aktuell die Zerlegung von Mischkonzernen. Erfolgreiche Beispiele der letzten Jahre sind z.B. Covestro, Lanxess und Osram, um nur einige zu nennen. Zuletzt haben wir die Mega-IPOs von Siemens Healthineers und DWS erlebt – beides sind Abspaltungen von Großkonzernen. Dies wird eines der zentralen Themen der Konferenz sein. So werden wir Michael Sen, Mitglied des Vorstands von Siemens, der maßgeblich am IPO von Healthineers beteiligt war, als Keynote-Sprecher begrüßen dürfen. Zudem wird es ein Panel zum Thema „Die Zerlegung von Mischkonzernen – Fashion of the Season?!“ geben. Mit Simone Menne, Michael Pontzen und Tim Albrecht werden führende Wirtschaftsvertreter in einer spannenden Diskussionsrunde hierzu ihre Sichtweise darlegen.

Zu Anfang hatten Sie es kurz erwähnt – inwiefern gibt es am deutschen Kapitalmarkt noch Nachholbedarf und wo liegen die Stärken?

Nicht nur im Mittelstand gibt es in Deutschland einige Weltmarktführer, sondern auch die börsennotierten Unternehmen müssen sich im internationalen Vergleich nicht verstecken. Allerdings sehen wir, dass trotz einiger Börsengänge im ersten Quartal und einer gut gefüllten IPO-Pipeline die Entwicklung in angelsächsischen Ländern noch dynamischer und erfolgreicher ist. Der Finanzplatz Deutschland muss Acht geben nicht stillzustehen – denn Stillstand bedeutet bekanntlich Rückschritt. Der Kapitalmarkt und seine Rahmenbedingungen müssen kontinuierlich weiterentwickelt und verbessert werden.

Ist der Schritt der Deutschen Börse, die Indizes neu zu ordnen, ein Schritt in die richtige Richtung?

Die Aufhebung der industriebasierten Trennung von Classic- und Technologie-Unternehmen war überfällig, wir begrüßen diese. Die zeitgleiche Erweiterung von MDAX und SDAX von jeweils 50 auf 60 bzw. 70 Unternehmen hätte allerdings noch größer ausfallen können, um den Folgen der Aufhebung ausreichend Rechnung zu tragen. Hier hat die Deutsche Börse eine Chance vertan, noch mehr für kleine und mittelgroße Emittenten zu tun.

Wo liegen die aktuellen Herausforderungen für Investor Relations?

In der Praxis ist zu beobachten, dass unwahrscheinlich viele IR-Ressourcen für die Erfüllung von Pflichtkommunikation aufgewandt werden. Viel wichtiger wäre es aber, dass die IR sich wieder ihren Kernaufgaben widmen sollte: Der Identifikation und dem Austausch mit Investoren, Multiplikatoren und anderen Stakeholdern, sowie dem Einholen von Marktmeinungen für das eigene Management. Weitere aktuelle Herausforderungen ergeben sich aus der zunehmenden Internationalisierung der Investoren, vermehrt auftretenden aktivistischen Investoren bis hin zu Shortseller-Attacken, sowie sinkende Zustimmungsquoten bei Say-on-Pay-Abstimmungen, sich einem schnell wandelnden Dialogverhalten von Investoren mit Aufsichtsräten und neuen Kapitalmarktregularien. Wir beobachten z.B. dass MiFID II die Art und Weise, wie Investoren und Emittenten zusammenkommen, auf den Kopf stellt und Althergebrachtes aufbricht. Die Aufgaben für Investor Relations werden vielfältiger und mehr. Dadurch wird die IR-Arbeit stetig komplexer und aufwendiger. Emittenten müssen künftig deutlich mehr in die IR-Arbeit investieren als bislang.

Die Digitalisierung macht auch vor IR keinen Halt. Wie stehen wir hier im internationalen Vergleich und welche Trends sind zu beobachten?

Im Vergleich zur IR-Arbeit im angelsächsischen Raum hinkt Deutschland immer noch hinterher. Allerdings zeigen mehrere Studien, die auf der Konferenz erstmals vorgestellt werden, deutliche Fortschritte in diesem Bereich. Eine ganze Reihe von Unternehmen – hier sind u.a. SAP, BASF oder Deutsche Euroshop zu nennen – sind hier auch international führend. Insgesamt ist zu beobachten, dass die Mehrheit der deutschen Emittenten erst einmal genau beobachtet, was möglich ist und von den Zielgruppen der IR auch wirklich gewünscht wird. Ich halte diese – vielleicht auch typisch deutsche – Herangehensweise für angemessen und zielführend. Nicht für alle IR-Abteilungen macht es Sinn, zwingend zu den Vorreitern in Sachen Digitalisierung zu gehören. Allerdings muss darauf geachtet werden, bei der extrem rasanten Geschwindigkeit nicht den Anschluss an die technologische Entwicklung zu verlieren.

Zum Abschluss nochmal zurück zur Konferenz: Welche spannenden Highlights erwarten uns noch?

Auf dem umfangreichen Programm der zweitägigen Konferenz stehen neben Altbewährtem, wie z.B. zielgruppenspezifischen Round Tables, Medientraining, dem IR-BarCamp, einem Networking Seminar und unserem IR-Mentoring-Programm wieder zahlreiche Workshops zu aktuellen Themen: DAX-Kollegen berichten aus erster Hand von ihren Erfahrungen mit Governance Roadshows, Übernahmeangeboten u.a.. Die Themen MiFID II und Digitalisierung werden ebenso thematisiert wie Nachhaltigkeit, passive Investments oder rechtliche Themen. Vertreter der BaFin kommen ebenso wie Vertreter der Wissenschaft und zahlreichen Experten aus der Praxis zu Wort. Für den informellen Austausch, sowohl beim sehr beliebten IR-Apéro am Montagabend als auch beim festlichen Gala-Dinner am Dienstag, wird gesorgt sein. Im Rahmen des letzteren wird auch in diesem Jahr wieder der Deutsche Investor Relations Preis in acht Kategorien vergeben werden.

 

GoingPublic: Herr Bommer, vielen Dank für das spannende Interview!

Das Interview führte Svenja Liebig

Autor/Autorin