„Damit Vernunft und Maß bei der Bezahlung von Managern nicht verloren gehen“, wie es in einer Mitteilung des Bundesjustizministeriums heißt, soll die Hauptversammlung das verbindliche Beschlussrecht über das Vergütungssystem und die Vergütungshöhe der Unternehmensvorstände erhalten. Dieser Plan der schwarz-gelben Koalition könnte noch in der laufenden Legislaturperiode vom Bundestag beschlossen werden. Ob davon allerdings eine stärkere Begrenzung von Managergehältern ausgeht als vom bestehenden Say-on-Pay-System ist umstritten.

Kabinettsbeschluss passt in die Zeit
Mit der Schweizer Volksabstimmung über die Begrenzung von Managergehältern, der mit einem historischen Höchstwert von 68% mehr als zwei Drittel der Wähler zustimmten, ist die Debatte um ausufernde Vorstandsvergütungen auch in Deutschland wieder verstärkt in den Blickpunkt der Öffentlichkeit gerückt. Anfang Mai hat sich das Kabinett nun für eine diesbezügliche Verschärfung des Aktienrechts ausgesprochen. Demnach soll die Hauptversammlung börsennotierter Gesellschaften künftig einmal jährlich über das Vergütungssystem sowie die maximale Höhe der Vorstandsgehälter entscheiden. Aus der „Kann-Regelung“ des § 120 Abs. 4 AktG wird damit eine Verpflichtung, die einschränkende Formulierung, dass der von den Aktionären gefasst Beschluss „weder Rechte noch Pflichten“ begründet, soll entfallen.

Daniel Bauer, SdK

Stark divergierende Bewertungen
Während SPD und Linke die Kabinettsinitiative als „Scheinbegrenzung“ ablehnen, kritisiert BDI-Hauptgeschäftsführer Markus Kerber die geplante Neuregelung im Aktienrecht als überflüssig, da die geltenden gesetzlichen Maßstäbe ausreichend und präzise seien. Begrüßt wird die Verlagerung der Entscheidungskompetenz vom Aufsichtsrat auf die Hauptversammlung dagegen von der Schutzgemeinschaft der Kapitalanleger (SdK). „Bisher dürfen die Anteilseigner nur über das Vergütungssystem als solches abstimmen“, wie SdK-Sprecher Daniel Bauer sagt. „Zum einen ist das Votum allerdings nicht bindend und zum anderen sind damit auch noch keine Aussagen über die späteren tatsächlichen Gehälter der Spitzenmanager getroffen. Das würde sich ändern.“ Gleichzeitig fordert Bauer allerdings die Einführung einer 90%-Regelung. „Neun Zehntel der Aktionäre müssen mit Vergütung und Boni einverstanden sein, erst dann sollten diese wirksam werden können.“ Die Auswirkungen auf die Vorstandsvergütung wären dann ungleich höher als bei der aktuellen Regelung, wie der Aktionärsschützer meint.

Haftungsfreistellung des Aufsichtsrates
Etwas anders sieht dies Jürgen Kurz, Pressesprecher der Deutsche Schutzvereinigung für Wertpapierbesitz e.V. „Zwar ist es durchaus sinnvoll, das Say on Pay, das inzwischen ohnehin bei sämtlichen DAX- und nahezu allen MDAX-Konzernen auf der Tagesordnung steht, für alle börsennotierten Unternehmen verpflichtend einzuführen. Die Bindung des Aufsichtsrates an das Aktionärsvotum gesetzlich zu verankern, halten wir jedoch für falsch. Die Erfahrung zeigt, dass bereits die unverbindliche Abstimmung erheblichen Druck auf die verantwortlichen Organe ausübt.“ Dabei wurden die Gehaltsvorschläge des Aufsichtsrates mit einer entsprechenden Entscheidung auf der Hauptversammlung der HeidelbergCement im Jahr 2010 überhaupt erst in einem einzigen Fall von der Mehrheit der Aktionäre abgelehnt. Das Vergütungssystem wurde daraufhin überarbeitet. Bei der Deutschen Bank hat im selben Jahr bereits eine größere Opposition (42%) zu markanten Änderungen geführt. „Andererseits lassen sich bei einem von den Anteilseignern verbindlich beschlossenem System aber keine Korrekturen mehr vornehmen, wenn sich herausstellt, dass die Wirkungen andere sind, als ursprünglich erwartet“, so der DSW-Sprecher weiter. „Zudem – und hier liegt der eigentliche Knackpunkt – wird der Aufsichtsrat durch die Verlagerung auf die Hauptversammlung trotz seines nach wie vor hohen Einflusses auf die Vorstandsvergütung aus seiner Verantwortung entlassen und diesbezüglich von jeglicher Haftung freigestellt.“ Statt der nun vorgeschlagenen Änderungen fordert Kurz deshalb eine erhöhte Transparenz in den verschiedenen Vorstandsvergütungsmodellen sowie eine bessere Vergleichbarkeit und last but not least eine klare von jeder Gesellschaft individuell festzulegende Grenze, bei der die Vergütung gedeckelt wird.

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