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Ende März ist die bekannte Jeansmarke Levi Strauss in New York erfolgreich an die Börse gegangen. Die Geschichte des Unternehmensgründers Löb (Levi) Strauss aus dem oberfränkischen Buttenheim ist ebenso legendär wie die 501, die auch zerrissen noch in vielen Kleiderschränken hängt. Bis heute hat die Familie Haas mit den Nachfahren des Gründers maßgeblich die Geschicke des 156 Jahre alten Unternehmens aus San Francisco bestimmt, dessen Aktie nunmehr unter dem Ticker LEVI an der NYSE gehandelt wird. Von Marc Feiler

Immer noch sind es große Unternehmerpersönlichkeiten, die ihre Firmen an die Börse und an die Weltspitze geführt haben. Diese Unternehmen tragen auch in Deutschland die Gründerfamilien im Namen und werden nicht selten von der Familie geprägt. Die klangvollen Namen lauten bei uns unter anderem Bauer, Henkel, Krones, Nemetschek, Porsche, Schaeffler, Siemens, Sixt und Wacker. Die Verbindung aus Offenheit gegenüber der Kapitalmarktfinanzierung und langfristiger unternehmerischer Orientierung hat sich bestens bewährt. Familie und Börse – das ist kein Widerspruch, sondern eine kongeniale Verbindung.

Denn solche Unternehmen schneiden an der Börse und gegenüber der Konkurrenz in der Regel überdurchschnittlich ab. Laut einer Studie des Credit Suisse Research Institute (CSRI) aus dem September 2018, die mehr als 1.000 börsennotierte Familienunternehmen weltweit untersuchte, arbeiten diese profitabler als andere Firmen, das heißt, sie haben ein höheres Umsatzwachstum und eine niedrigere Verschuldung. Und: Ihre Aktien hängen den breiten Markt – zumindest langfristig – ab. Besonders gut schlagen sich dabei börsennotierte Familienunternehmen aus Deutschland. Anleger können sich selbst über entsprechende Indizes – für Deutschland etwa über den DAXplus Family 30 oder den HAFix Deutschland, für Europa über den HAFix Europa – ein Bild davon machen.

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Die Verbindung aus Börse und Familie schafft für die Unternehmen wie für die Investoren echte Mehrwerte. Die Ursachen für die bessere Performance sind vielfältig. An erster Stelle steht die langfristige, nachhaltige Ausrichtung dieser Unternehmen: Sie investieren überdurchschnittlich in Forschung und Entwicklung. Aktienrückkaufprogramme zur Kurspflege sind eher die Ausnahme als die Regel, so ein weiteres Ergebnis der Studie. Ankeraktionäre machen das Unternehmen zudem immun gegenüber unerwünschten aktivistischen Investoren. Als börsennotierte Familienunternehmen haben sie das Controlling und die Kommunikation mit Investoren und Analysten professionalisiert und sind deshalb in der öffentlichen Wahrnehmung präsent. Die Investoren goutieren die typische langfristige Geschäftspolitik und halten an ihren Aktien fest. Für kurzfristig orientierte Trader sind solche Gesellschaften hingegen häufig weniger interessant, da sie in der Regel eine geringere Volatilität aufweisen.

Chance Börsennotierung

Welche Vorteile haben auch kleinere Familienunternehmen konkret durch einen Börsengang ? An erster Stelle stehen selbstverständlich die zusätzlichen Finanzierungsquellen. Die Erhöhung des Eigenkapitals führt zu besseren Fremdkapitalkonditionen, damit steigt die Finanzkraft für Forschung und Expansion. Durch die Öffnung gegenüber dem Kapitalmarkt können Unternehmen kontinuierlich neues Eigenkapital zuführen. Dies bestätigt unser Mittelstandssegment m:access deutlich: Allein 2018 konnten zwölf Kapitalerhöhungen im Volumen von 140 Mio. EUR durchgeführt werden.

Der Börsengang kann in Familienunternehmen auch die Lösung der Nachfolgeregelung und die Gewinnung eines externen Managements erleichtern. Für die nachfolgende Generation kommen die Rolle des aktiven Managements im Vorstand, die begleitende und kontrollierende Rolle im Aufsichtsrat oder der Rückzug auf die Eigentümerposition und das Stimmrecht in der Hauptversammlung ifFrage. Auch der (teilweise) Ausstieg im Rahmen einer Umplatzierung oder die Überführung von Anteilen in eine Familienstiftung können die familiäre Zukunftsplanung erweitern. Der Werkzeugkasten einer börsennotierten Gesellschaft enthält für alle Konstellationen die passenden Tools. Laut dem Institut für Mittelstandsforschung stehen allein in den Jahren 2018 bis 2022 etwa 150.000 Unternehmen mit rund 2,4 Mio. Beschäftigten zur Übergabe an. Der Börsengang wird auch aus diesem Grund für Familienunternehmen weiter an Bedeutung gewinnen.

Vorbehalte gegenüber Börsengang unberechtigt

Trotzdem halten sich hartnäckige Vorbehalte gegenüber dem Börsengang, gerade in Deutschland. So sind viele Unternehmer davon überzeugt, dass ihr Unternehmen zu klein für den Kapitalmarkt ist. Ein Blick auf m:access zeigt: Auch Unternehmen mit einem Umsatz von 10 Mio. EUR sind aus gutem Grund an der Börse, kann doch auch eine vergleichsweise geringe Zufuhr an Eigenkapital die Grundlage weiteren Wachstums sein. So hat die Erlebnis Akademie AG etwa bei ihrem IPO in m:access Ende 2015 lediglich rund 1,5 Mio. EUR aufgenommen, ist in der Folge aber stark gewachsen und konnte den Unternehmenswert von anfänglich 10 Mio. EUR in der Zwischenzeit mehr als verdreifachen.

Familienunternehmer befürchten häufig, dass sie mit einem Börsengang die Kontrolle über das Unternehmen verlieren. Dagegen kann über die Wahl der Rechtsform, die Gestaltung der Satzung und generell die Strukturierung des IPOs ein maßgeblicher Einfluss der Familie sichergestellt werden. Externes Know-how und zusätzliche Expertise, die mit der Öffnung gegenüber dem Kapitalmarkt in das Unternehmen hereinkommen, tragen häufig zu einer weiteren Professionalisierung des Unternehmens bei. Im besten Fall führt dies zu einem Wachstum, welches von einer Familie allein ohnehin nicht mehr dargestellt werden kann. Trotz einer Beteiligung der Familie Siemens von „nur“ noch 6% an der Siemens AG wurde der sukzessive Anteilsrückgang im Laufe der Jahrzehnte durch die gleichzeitige Wertsteigerung des Unternehmens sicher deutlich überkompensiert und ein Weltkonzern geschaffen. Davon profitieren alle: Familie, Investoren, Mitarbeiter und Kunden. Nachahmer sind jederzeit willkommen!

Dieser Artikel ist eine Vorabveröffentlichung des GoingPublic Magazins (die nächste Ausgabe erscheint am 6.April)

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