Immer wieder überschlug sich die Finanzpresse in den letzten Wochen und Monaten mit neuen skandalösen Details, die über ComROAD ans Tageslicht kamen. Zahlreiche „Geschäftspartner“ des Unternehmens existieren wohl überhaupt nicht. Noch am 5. Februar sagte Schnabel im GoingPublic-Interview, daß die Vorwürfe gegen das Unternehmen unsinnig seien (siehe aktuelles GoingPublic Magazin). Nicht einmal fünf Wochen später kann er sich einen neuen Job suchen. Doch ist Schnabel wirklich der einzige Schuldige?

Erst vor etwa zwei Wochen hatte die Wirtschaftsprüfungsgesellschaft KPMG ihr Mandat zur Prüfung des 2001er Jahresabschlusses fristlos gekündigt. KPMG begründete diesen ungewöhnlichen – aber späten – Schritt damit, daß Zweifel an der Existenz von Geschäftspartnern in Hong Kong bestehen.

Ganz nebenbei sollte erwähnt werden, daß die Experten von KPMG bereits die Due Diligence beim IPO des Unternehmens Ende 1999 durchgeführt haben. GoingPublic hatte übrigens am 18.11.1999 an dieser Stelle eine Kolumne veröffentlicht, in der schwere Vorwürfe gegen Schnabel erhoben worden waren. Offensichtlich wurden bereits vor dem IPO Altaktionäre bei ComROAD geprellt. KPMG – im November 1999 von GoingPublic darauf angesprochen – hielt das Vorgehen ComROADs jedoch für rechtens.

Das IPO wurde durchgezogen. Zwei vermeintliche „Börsengurus“ hielten gegen die Vorwürfe und empfahlen die Aktie aggressiv zum Kauf. Einer von ihnen untermauerte sein Anlageurteil wohl durch massive Käufe seines Aktienfonds.

Doch nicht nur die Wirtschaftsprüfer haben ganz offensichtlich einen schlechten Job gemacht. Nach der Abbestellung des CEOs durch den Aufsichtsrat sollte sich der mündige Anleger fragen, was der Aufsichtsrat in der Zwischenzeit getan hat. Die Frage ist relativ leicht zu beantworten – ein Blick in die meldepflichtigen Wertpapiertransaktionen auf der Website der Deutschen Börse reicht dafür schon fast aus: Der renommierte IPO-Berater und Aufsichtsratsvorsitzende von ComROAD, Dr. Andeas Löhr, betätigte sich sehr aktiv als Optionsschein-Trader. Er bevorzugte natürlich ComROAD (Call-) Optionsscheine.

Fragwürdig ist auch das Verhalten von Aktionärsschützern. Griff doch ein vermeintlicher Aktionärsschützer noch im Mai letzten Jahres auf der Hauptversammlung verbal die Finanzpresse an, die mit ihren Vorwürfen „unbewiesene Behauptungen“ in die Welt setze.

Das Bundesaufsichtsamt für den Wertpapierhandel (BAWe) ist hingegen nicht untätig und ermittelt inzwischen gegen ComROAD, allerdings nur wegen der zu spät ad hoc gemeldeten Niederlegung des KPMG-Mandates.

Was soll diese Kolumne bezwecken, werden Sie jetzt fragen. Alle haben ihre Abreibung bekommen: Börsengurus, Emissionsbanken, Wirtschaftsprüfer, Aufsichtsräte, Aktionärsschützer und das Bundesaufsichtsamt für den Wertpapierhandel. CEO Schnabel ist weg, Vorstand Schwamm bleibt in Amt und Würden. Also Schnabel zu und Schwamm drüber?

Nein, keineswegs! Auch der „mündige Aktionär“ sollte mitdenken! Die Vorwürfe gegen ComROAD sind schließlich keineswegs neu. Wer aufmerksam die Vorwürfe in der Vergangenheit und die äußerst ausweichenden Stellungnahmen der Verantwortlichen gelesen hat, hätte längst einsehen müssen, daß mit ComROAD etwas faul ist.

Die GoingPublic Kolumne erscheint jeweils montags, mittwochs und freitags in Zusammenarbeit mit dpa-AFX.

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