DIRK CornerDigital, mobil, flexibel, schnell – das sind die Schlagworte, die alle Bereiche der Kommunikation heute prägen. Der derzeitige Trend zu „Chatbots“ schlägt genau in diese Kerbe. Doch inwieweit sind diese für Unternehmen sinnvoll – und werden Chatbots die Kommunikationswelt entscheidend verändern? Oder sind sie möglicherweise Schadsoftware oder gar Manipulationswaffen? Von Peter Felsbach und Viktoria Steininger

Chatbots sind – vereinfacht ausgedrückt – intelligente, virtuelle Assistenten, die einen Mehrwert für Kunden und Unternehmen versprechen: Statt sich durch ein Überangebot an Nachrichten zu wühlen, bekommt der Nutzer dank lernender Software individualisierte Angebote und schnelle Rückmeldungen. Die Kommunikation kann dabei sowohl verbal als auch schriftlich erfolgen. Bestehende Plattformen wie Facebook oder WhatsApp haben das Potenzial der digitalen Helfer bereits erkannt und integrieren derartige Funktionen in ihren Messaging-Diensten. Chatbots können aber auch als eigene Applikationen auf der unternehmenseigenen Website integriert werden.

Propaganda-Werkzeug oder sinnvolle Automatisierung?

Die Gastautoren: Peter Felsbach, Head of Group Communications, voestalpine und Viktoria Steininger, aus der Abteilung Group Communications der voestalpine.
Die Gastautoren: Peter Felsbach, Head of Group Communications, voestalpine und Viktoria Steininger, aus der Abteilung Group Communications des österreichischen Unternehmens.

Spätestens seit den Wahlen in den USA ist klar, dass Social Bots an der politischen Meinungsbildung durch automatisiertes Agenda Setting (zumindest) mitwirken – das ist wohl die Kehrseite der Medaille. Beim Einsatz ist Vorsicht geboten, vor allem dürfen sich Chatbots nicht verselbstständigen oder den demokratiepolitischen Diskurs verfälschen, wie bereits Negativbeispiele gezeigt haben. So musste Microsoft seinen Twitter-Bot schon nach einem Tag wieder deaktivieren, da ihn eine Gruppe von Menschen mit rassistischen Hasstiraden fütterte, sodass er diese Phrasen gelernt und an anderer Stelle wiedergegeben hat.

Bots können auch eigene Profile in sozialen Medien anlegen – die Unterscheidung zu realen Usern ist fast nicht möglich. Fast 400.000 dieser Bots sollen alleine auf Twitter beim US-Wahlkampf im Einsatz gewesen sein. Eine solche Zahl hat das Potenzial, in den Prozess der Nachrichtenbildung, der Kommentierung oder Meinungsbildung entscheidend einzugreifen. Und wir merken es gar nicht. Der Einsatz dieser meinungsmanipulierenden Social Bots ist unvereinbar mit verantwortungsvoller Finanzkommunikation oder Öffentlichkeitsarbeit und jedenfalls abzulehnen – rechtliche Grundlagen sind hier rasch zu schaffen. Wenn es darum geht, simple Fragen zum Unternehmen, den Aktienkurs oder die Dividende zu beantworten, kann eine automatisierte PR aber sehr wohl effizient und nützlich eingesetzt werden.

 

Neue Möglichkeiten

Für Unternehmen bieten Chatbots die Möglichkeit, künftig mit Dialoggruppen hochpersonalisiert, aber automatisiert zu kommunizieren. Dabei können diese für unterschiedlichste Zwecke eingesetzt werden: Von Wettercheck, Hotelbuchung, individuellen Newsangeboten bis hin zu Supportanfragen – die Einsatzmöglichkeiten scheinen unbegrenzt. So versorgt der Nachrichtensender CNN seine Abonnenten via Facebook-Messaging mit News-Storys, und Nutzer können interaktiv nach bestimmten Themen oder Artikeln fragen. Ein großes Einsatzgebiet ist zudem der Kundenservice, da Chatbots die automatisierte Abwicklung von Kundenanfragen rund um die Uhr ermöglichen. Neben diesen Anwendungsfällen, die praktisch auf der Hand liegen, kann dieser neue Kommunikationsweg aber durchaus auch für andere, „klassischere“ Branchen interessante neue Chancen bieten. So könnte beispielsweise ein IR-Chatbot eines börsennotierten Unternehmens dabei helfen, seinen Aktionären schnell und gezielt Informationen bereitzustellen: Wie ist der aktuelle Börsenkurs? Wie war der Umsatz im letzten Geschäftsjahr? All diese Antworten könnte der virtuelle Chatpartner im Hintergrund ad hoc beantworten, ohne langes Suchen auf verschiedenen Seiten.