Erster Handelstag im Amtlichen Handel an der Frankfurter Börse ist voraussichtlich der 31. Oktober. Begleitet wird die Emission von der Deutschen Bank als Konsortialführer. Weiter sind die WGZ-Bank als Co-Lead Manager sowie die Dresdner Bank und die West/LB als Co-Manager im Konsortium vertreten. Plaziert werden 13,5 Mio. Stückaktien. Von den angebotenen Aktien stammen 12,5 Mio. aus einer Kapitalerhöhung. Weitere 1 Mio. Aktien werden von der WGZ-Bank für die Plazierung an die rund 11.000 Vereinsmitglieder bereitgestellt. Darüber hinaus stehen für den Greenshoe 1,5 Mio. Aktien zur Verfügung, davon stammt 1 Mio. ebenfalls aus dem Plazierungsbestand der WGZ-Bank. Bei voller Ausübung des Greenshoe beträgt der Free Float 75 %.

Borussia Dortmund wagt als erster deutscher Fußballverein den Gang auf das Börsenparkett. Der im Jahr 1909 gegründete Verein entwickelte sich in den neunziger Jahren zu einer Spitzenadresse im europäischen Fußball. Neben fünf deutschen Meisterschaften, die letzte im Jahre 1996, zwei DFB-Pokalsiegen und zwei europäischen Titeln weist die Gesamtbilanz einen Weltpokalsieg im Jahr 1997 auf. Seit dieser Zeit ist der sportliche Erfolg jedoch eher durchwachsen. So stand der Verein im vergangenen Jahr kurz vor dem Abstieg in die Zweite Bundesliga, auf internationalem Parkett sind die Dortmunder derzeit in keinem Wettbewerb wie UEFA-Cup oder Champions-League vertreten. Ob der derzeit 2. Tabellenplatz in der Bundesliga gehalten werden kann, ist angesichts der sportlichen Konkurrenz aufstrebender Vereine wie Schalke 04 oder Hertha BSC zumindest fraglich.

Vom Brutto-Emissionserlös einschließlich Greenshoe fließen dem Verein etwa 143 bis 169 Mio. Euro zu. Diese Erlöse sollen neben dem Einkauf von Spielern, der sich in einer Größenordnung von ca. 40 Mio. Euro bewegen dürfte, in erster Linie zum Aufbau fußballnaher Geschäftsbereiche verwendet werden. Dabei steht die Aufstockung und der Ausbau des Westfalenstadions, an dem die Borussen vor dem Börsengang zu 46,2 % beteiligt sind, im Hinblick auf die im Jahre 2006 anstehende Fußballweltmeisterschaft im Vordergrund. Daneben sollen die Merchandising-Aktivitäten unter dem eigenen Label goool.de, die Internetvermarktung von Rechten unter Absolute Sports sowie das Gastronomie- und das Reisegeschäft forciert werden. Für die Rückführung von Finanzverbindlichkeiten sind 15 – 20 % des Emissionserlöses vorgesehen.

Im laufenden Geschäftsjahr 2000/01 will der BvB ca. 73 Mio. Euro umsetzen. Gewinne werden erst ab dem kommenden Jahr erwartet. Die Wachstumsraten für die nächsten Jahre beziffert Vorstand Niebaum mit +/- 5% im Falle des Nichterreichens internationaler Wettbewerbe. Im Falle der Teilnahme an internationalen Wettbewerben sollen die Umsatzerlöse um ca. 15 % p.a. wachsen.

Die Interpretation der Finanzziele läßt den Schluß zu, daß das Geschäft von Borussia Dortmund entgegen aller Beteuerungen nach wie vor extrem abhängig vom sportlichen Erfolg und zudem nur schwer kalkulierbar ist: Beim Ausbleiben der nötigen Tore und Punkte, sprich Tabellenspitzenplätze in der Fußballbundesliga und Teilnahme an internationalen Wettbewerben, sind die finanziellen Aussichten für die nächsten Jahre extrem mager. Das Spielresultat und die Tabellenpositionierung werden sich daher zukünftig unmittelbar im Kurs der BvB-Aktie niederschlagen. Selbst im unwahrscheinlichen Fall, daß die Borussen zwei Jahre hintereinander sportlich an der Spitze stehen und auch ihre finanziellen Ziele realisieren können, ergibt sich für das Geschäftsjahr 2002/03 ein KGV von etwa 30. Ein Emissions-KUV von deutlich über 3 (bezogen auf die Umsätze des laufenden Geschäftsjahres), das an der Börse allenfalls Wachstumsunternehmen mit konstant hohen zweistelligen Zuwachsraten zugebilligt wird, ist daher keinesfalls gerechtfertigt.

Der Börsengang von Borussia Dortmund baut auf einem unwahrscheinlichen „Best Case Szenario“ des Gelingens der sportlichen und finanziellen Ziele auf. Unwägbarkeiten, wie sie in der Fußball-Bundesliga mittlerweile an der Tagesordnung sind (siehe der Fall Daum!), wurden dabei genauso wenig berücksichtigt wie die Interessen institutioneller Anleger nach Transparenz und einer offenen Unternehmenskommunikation. Eingefleischte Borussia-Fans können die Aktie daher zeichnen und sich daheim als Schmuckstück an die Wand hängen. Besonnene Investoren sollten jedoch auf ein Engagement vorerst verzichten.

Ausführliche Informationen zum Börsengang von Borussia Dortmund finden Sie auch im aktuellen GoingPublic Magazin 11/00, S. 52 und 53.

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