Univ.-Prof. Dr. Berthold Huppertz, Direktor und CEO, Biobank Graz

Immer größer werdende Biobanken mit immer ausgefeilteren Lagermethoden von hochwertigsten Proben bringen es mit sich, die ursprünglich manuellen Lagersysteme durch automatisierte Systeme zu ersetzen. Gleichzeitig erfordert die Zunahme an klinischen und wissenschaftlichen Daten zu jeder Probe eine höhere Vernetzung zwischen Proben und Daten bei der gleichzeitigen Einhaltung aller ethischen und legalen Erfordernisse. Entwicklungen auf verschiedensten Ebenen sind in Biobanken notwendig, um den aktuellen Anforderungen an Biobanken weiterhin gerecht zu bleiben.

Entwicklung von Biobanken

Sind Biobanken noch vor einem Jahrzehnt belächelt worden, weil viel Energie und Geld in Infrastrukturen gesteckt wurde, von denen nur wenige wussten, wozu sie wirklich notwendig waren, so ist heute ein wahrer Wettlauf um den Titel der besten und größten Biobanken im Gange. Generell werden in Biobanken Proben (meist humanen Ursprungs) und die den Proben zugeordneten Daten gelagert, um damit Forschung betreiben zu können. Die Lagerung und Ausgabe der Proben und Daten muss für Eindeutigkeit und Wiederfindbarkeit systematisch erfolgen.

Finanzierung und Erhalt von Biobanken

Das Beispiel der UK Biobank zeigt, wie groß die Anstrengungen mittlerweile sind, Biobanken aufzubauen und auch zu erhalten. Die UK Biobank wurde 2006 eröffnet und hat bisher eine Förderung von über 115 Mio. EUR erhalten. Der spezifische Fokus dieser Biobank ist die Sammlung und Lagerung von Proben von 500.000 Menschen im Alter zwischen 40 und 69 Jahren. Damit stellt die UK Biobank die Sammlung einer großen Kohortenstudie dar. Auch an vielen anderen Stellen weltweit wird der Auf-bau von Biobanken massiv vorangetrieben. Dabei zeigt sich, dass Biobanken nicht nur in direkter Anbindung an große Kliniken und Universitäten entstehen, sondern vor allem auch im privaten Industriesektor betrieben werden. Hinzu kommen Biobanken, die auf großen Studien basieren und nicht direkt einer Universität zugeordnet sind. Die Finanzierung von Biobanken im privaten Sektor wird von den entsprechenden Firmen geleistet. Biobanken im akademischen Sektor haben es da deutlich schwerer, nicht nur eine initiale Finanzierung zu erhalten, sondern ihren Erhalt auf Dauer zu gewährleisten. Hier sind die Kliniken und Universitäten auf Förderungen der entsprechenden Forschungs- und Gesundheitsministerien angewiesen. Obwohl die Regierungen einiger europäischer Länder große Summen zum Aufbau und zum Erhalt von zentralen Biobanken zur Verfügung gestellt haben, ist der Großteil der Biobanken langfristig finanziell noch nicht abgesichert. Entsprechende Finanzierungsmodelle werden vielfach diskutiert.

Qualitätsrichtlinien zur Sammlung und Lagerung von Proben

In den letzten Jahren ist erkannt worden, dass das schnelle und unabhängige Aufbauen von Biobanken einen großen Nachteil mit sich bringt: Das Fehlen allgemein akzeptierter Qualitätsrichtlinien für die Sammlung und Lagerung der Proben. Heute gibt es eine Unzahl an Sammel- und Lagerungsprotokollen, die sich vor allem im Hinblick auf die Qualität der Proben deutlich voneinander unterscheiden. Das hat zu den positiven Bestrebungen geführt, diese Protokolle zu vereinheitlichen und entsprechende Richtlinien zu entwickeln. Leider hatte es gleichzeitig den negativen Effekt gehabt, dass inzwischen viele Organisationen eigene Richtlinien herausgegeben haben, die sich aber wiederum voneinander unterscheiden. So ist durch die Richtlinien von WHO, OECD, IARC1 und anderen Organisationen ein wahrer Dschungel an Vorgaben entstanden.

Biobank Graz Foto: Biobank Graz

Probensammlung und -lagerung am Beispiel der Biobank Graz

Als eine der größten Biobanken Europas beinhaltet die Biobank Graz mehr als 5 Mio. humane Proben, die dazu eingesetzt werden, Forschung und Entwicklung zu unterstützen, um Diagnose, Überwachung und Behandlung von Krankheiten zu verbessern. Die österreichische Biobank ist nach ISO 9001:2008 zertifiziert und legt besonderen Wert auf die Wahrung der persönlichen Rechte der Spender.Ausgehend von manuellen Sammel- und Lagerprotokollen hat die Biobank Graz inzwischen den Schritt in Richtung Automatisierung von Sammlung und Lagerung ihrer Proben vollzogen. Das bezieht sich auf die Sammlung und Aliquotierung von Flüssigproben sowie die Lagerung von Proben bei Raumtemperatur, minus 80°C und in der Gasphase von flüssigem Stickstoff. Vollautomatisierte Lagersysteme für die Lagerung bei minus 80°C verhindern, dass bei der Ausgabe einer Probe andere Proben einem – wenn auch nur kurzen – Temperaturanstieg auf Raumtemperatur ausgesetzt sind. Diese Temperaturschwankungen senken deutlich die Qualität der Proben durch wiederholtes Antauen der Oberflächen.

Neue Tätigkeitsbereiche für Biobanken

Akademische Biobanken sind bisher überwiegend Probensammler und Probenlieferanten für wissenschaftliche Projekte. Viele Biobanken gehen inzwischen neue Wege, auch um ihren Erhalt besser zu sichern. Ein Weg dabei ist, vom reinen Probenlieferanten zu einem Forschungspartner zu werden. Dabei nutzen akademische Biobanken ihre meist klinisch-universitäre Einbettung, um die Expertise des klinischen Umfelds mit der Kompetenz des wissenschaftlichen Umfelds der Universität zu vernetzen. So kann es ihnen gelingen, Experten-Zentren aufzubauen, die eigene wissenschaftliche Fragestellungen – auch im Auftrag – beantworten können.