Unternehmen sind eingebunden in den kulturellen, wirtschaftlichen, technologischen und rechtlichen Kontext der Gesellschaft. Und so, wie die Unternehmen auf Veränderungen in ihrem jeweiligen Umfeld reagieren, so schlagen sich diese Veränderungen auch in ihrer Berichterstattung nieder. Die Unternehmensberichterstattung als Kommunikationsinstrument für eine umfangreiche Interessengruppe („Stakeholder“) unterliegt derzeit einem dramatischen Wandel. Nachfolgend sollen drei ausgewählte aktuelle Entwicklungen der Unternehmensberichterstattung aufgezeigt werden. Von Prof. Dr. Thomas Berndt

Prof. Dr. Thomas Berndt
Prof. Dr. Thomas Berndt

1. Von der Finanzberichterstattung zur Integrierten Berichterstattung
Seit jeher erfüllt die Rechnungslegung zwei Funktionen: Sie dient zum einen der Ermittlung ausschüttungsfähiger Gewinne und erfüllt insofern handels-, gesellschafts-, insolvenz- und steuerrechtliche Zwecke. Sie dient zum anderen der Information interessierter Gruppen. Diese sollen durch relevante und verlässliche Informationen in die Lage versetzt werden, interessewahrende Entscheidungen zu treffen. Im Mittelpunkt steht dabei die informationelle Schutzfunktion der (professionellen) Investoren. Entsprechend war die Vergangenheit vor allem durch die Ausweitung des Umfangs der Finanzberichterstattung geprägt; mehr finanzielle Informationen sollten zum Treffen besserer Entscheidungen führen. Kein Zweifel: Detailliertere Angaben etwa zur Segmentberichterstattung, zum Cash Flow-Statement oder Erläuterungen zu Unternehmensübernahmen und Risiken in Zusammenhang mit Finanzinstrumenten sind wichtig für die Beurteilung der wirtschaftlichen Lage eines Unternehmens.

Aus dem Finanzbericht allein lässt sich freilich kaum etwas über das Geschäftsmodell des Unternehmens, seine strategische Positionierung, die Qualität der Unternehmensführung, die Kunden- und Mitarbeiterzufriedenheit, die immer wichtiger werdende Einhaltung von Compliance-Regelungen, die Nachhaltigkeit des Wirtschaftens etc. ableiten. Zwar kann das Unternehmen hierüber freiwillig – oder auch auf Druck des Regulators verpflichtend – über solche Aspekte informieren. Diese Informationen sind dann aber zumeist völlig losgelöst vom wirtschaftlichen Erfolg des Unternehmens und damit vor allem für Investoren nur schwer einzuordnen und daher nutzlos, wie viele Nachhaltigkeitsberichte zeigen. Die Zukunft muss daher in einer integrierten Berichterstattung liegen, wobei diese Entwicklung maßgeblich vom International Integrated Reporting Council (IIRC) getrieben wird, das hierzu bereits 2013 ein Rahmenkonzept vorgelegt hat. Dabei geht es nicht um die weitere Steigerung des Informationsumfangs, sondern darum, sämtliche wertschöpfende Faktoren und ihre Zusammenhänge darzustellen.

Die damit verbundenen Herausforderungen sind enorm: Einerseits setzt eine integrierte Berichterstattung zunächst ein integriertes Denken und Handeln im Unternehmen voraus. Andererseits sind die Zusammenhänge zwischen den verschiedenen wertschöpfenden Faktoren wie Finanzkapital, Humankapital, intellektuellem Kapital, den natürlichen Ressourcen, dem Sach- und Beziehungskapital extrem komplex und in den Unternehmen noch vielfach zu wenig analysiert, um überhaupt verlässlich und vergleichbar kommuniziert werden zu können. Daran, dass nicht-finanzielle und finanzielle Informationen gemeinsam in einer Berichterstattung zu integrieren sind, kann aber kein Zweifel bestehen, jedenfalls dann nicht, wenn nicht-finanzielle Informationen auch für Investoren entscheidungsnützlich und nicht eine bloße Alibi-Übung („Green-washing“) der Unternehmen sein sollen.

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