Newron Pharmaceuticals ist ein Spezialist für die Entwicklung neuartiger Therapien für Erkrankungen des zentralen Nervensystems. Um die klinische Weiterentwicklung des Wirkstoffes Evenamide gegen Schizophrenie zu ermöglichen, hat das Unternehmen kürzlich über eine Privatplatzierung 27 Mio. CFH eingenommen.

Herr Weber, bitte erklären Sie uns das Geschäftsmodell von Newron Pharmaceuticals. Was ist das Alleinstellungsmerkmal des Unternehmens?

Newron Pharmaceuticals ist ein Spezialist für die Entwicklung neuartiger Therapien für Erkrankungen des zentralen Nervensystems. Wir haben 2015 mit Xadago unser erstes Produkt für Parkinson-Patienten über unseren Vertriebspartner Zambon in Deutschland auf den Markt gebracht und anschließend erfolgreich in Europa ausgerollt. Im März 2017 ließ auch die Gesundheitsbehörde FDA Xadago für den US-amerikanischen Markt zu. Auf diesen Erfolg wollen wir weiter aufbauen.

In unserer Pipeline befinden sich zwei vielversprechende Produkte in fortgeschrittenen Entwicklungsphasen: Sarizotan für das Rett-Syndrom ist ein aussichtsreiches Orphan-Diseases-Produkt zur Behandlungen seltener Erkrankungen, das eine potentiell zulassungsrelevante Studie in den USA durchläuft; Evenamide ist eine mögliche Begleittherapie für Patienten mit Positivsymptomen der Schizophrenie, für die wir kürzlich vielversprechende Ergebnisse aus einer Phase-II-Studie berichtet haben. Es ist das erste Präparat überhaupt, für das die amerikanische FDA eine Entwicklung als Zusatztherapie in dieser Indikation genehmigt hat.

Newron hat sich neben Parkinson und Rett-Syndrom auch auf dem Kampf gegen Schizophrenie spezialisiert. Wie groß ist das Marktpotenzial in diesem Bereich?

Wir stellen fest, dass es für Schizophrenie-Patienten seit etwa 30 Jahren keine relevante Innovation gegeben hat. Alle heute zugelassenen Medikamente bieten dem Großteil der Patienten keinen dauerhaften Nutzen, darüber hinaus haben sie durchweg erhebliche Nebenwirkungen. Eine wirkliche Innovation in diesem Bereich bietet im Erfolgsfall ungeheures Marktpotential.

Vor kurzem hat Newron positiven vorläufige Ergebnisse einer Phase-IIa-Studie mit dem Natriumkanalblocker Evenamide bekanntgegeben. Wo liegen die Vorteile gegenüber anderen Wirkstoffen?

Evenamide verfügt zur Behandlung der positiven Symptome der Schizophrenie über einen einzigartigen Wirkmechanismus. Hierzu muss man wissen, dass bisher auf dem Markt erhältlichen Konkurrenzprodukte bei 75% der Patienten bereits nach anderthalb Jahren deutlich an Wirksamkeit verlieren. Die Patienten müssen in diesen Fällen auf ein neues Medikament abgestimmt werden. Da alle derzeitigen Präparate mittels der gleichen Wirkmechanismen agieren, bringt dies jedoch wenig bis gar keinen Zusatznutzen. Zudem dauert es Tage bis Wochen, bis sich der Wirkstoff des zunächst eingenommenen Präparats aus dem Körper der betroffenen Patienten abgebaut hat. Erst danach kann die Dosis des neuen Präparates langsam hochgefahren werden. Mit anderen Worten: In diesem Übergangszeitraum sind die Patienten faktisch ohne Therapie.

Newron umgeht dieses Problem, indem wir unser Produkt Evenamide als Zusatztherapie für Schizophrenie-Patienten mit positiven Symptomen entwickeln. Der Vorteil bei unserem Behandlungsansatz besteht darin, dass das alte Präparat beibehalten wird, wodurch verhindert wird, dass die Patienten aus der Therapie herausfallen. Es hat das Potenzial, die Wirksamkeit der bestehenden Präparate zu verlängern sowie ihre Dosis und Nebenwirkungen zu reduzieren.

Werden Sie Evenamide nun alleine bis zur Marktreife entwickeln oder sind Sie auf der Suche nach einem Lizenzpartner?

Wir planen zunächst die Durchführung einer ersten potentiell zulassungsrelevanten (pivotalen) Studie (Phase IIb/III), um die Wirksamkeit sowie Sicherheit und Verträglichkeit von Evenamide in festen Dosierungen als Zusatztherapie zu Antipsychotika der zweiten Generation bei Patienten, die an einer Verschlechterung ihrer psychotischen Symptome leiden, weiter zu belegen. Um diese Studie zu finanzieren haben wir erst in dieser Woche eine Privatplatzierung durchgeführt, die uns einen Bruttoerlös von 27 Mio. CFH eingebracht hat. Nach erfolgreichem Abschluss der nächsten Studie(n) ist die Einbeziehung eines großen Pharmaunternehmens als Partner sehr wahrscheinlich.

Ein Blick in die Zukunft: Welches sind die nächsten Meilensteine von Newron Pharmaceuticals?

Bezüglich Evenamide ist das das Start der oben beschriebenen ersten pivotalen Studie. Darüber hinaus hat uns ein internationales Komitee von Schizophrenie-Experten empfohlen, den Wirkstoffkandidaten in einer möglichen seltenen Indikation zu entwickeln: Clozapin-behandlungsresistente Schizophrenie. Daraus könnte sich eine Reihe relevanter Vorteile ergeben, darunter ein potenziell schnellerer Markteintritt. Es stehen Treffen mit den Behörden an und wir werden wir ihre Einschätzung zu diesem Konzept anfragen.

Im Hinblick auf unser Parkinson-Produkt Safinamide arbeiten wir derzeit zusammen mit Zambon und akademischen und regulatorischen Experten am Design einer potenziell zulassungsrelevanten Wirksamkeitsstudie, die die Wirkung von Safinamide gezielt auch bei Patienten, die an L-Dopa-induzierten Dyskinesien (PD LID) leiden, untersuchen soll. Positive Ergebnisse würden potenziell zu einer Erweiterung des Labels, in jedem Fall aber zu einem vermehrten Einsatz des Medikaments führen. Die Studie soll im Jahr 2018 beginnen. Zusätzlich werden Zambons Partner Seqirus die Registrierung zur Zulassung sowie die Kommerzialisierung von Xadago in Australien und Neuseeland übernehmen, und in Kanada wird Valeo Pharma für alle Aktivitäten in den Bereichen Zulassung, Marketing, Qualität sowie Vertrieb verantwortlich sein.

Ein weiterer wichtiger Meilenstein sind die erwarteten Ergebnisse der laufenden STARS-Studie mit Sarizotan zur Behandlung schwerwiegender Atemwegssymptome an Patienten mit der seltenen Erkrankung Rett-Syndrom. Experten gehen davon aus, dass der frühzeitige Behandlungsbeginn von Rett-Patienten zu einer weniger starken Verschlechterung der Atem- und neurologischen Symptome führen könnte. Derzeit ist kein Medikament zur Behandlung dieser Krankheit zugelassen. Newron arbeitet auf den Abschluss der Patientenrekrutierung zum Ende 2017 hin und beabsichtigt, die Top-Line-Ergebnisse dieser Studie in 2018 zu berichten.

 

Autor/Autorin