25 Jahre nach der Einführung des Cadbury Codes – der auch die Entwicklung der Corporate Governance in Kontinentaleuropa maßgeblich vorangetrieben hat – geht die Diskussion über eine gute und verantwortungsvolle Unternehmensführung in eine neue Runde.

Petra Nix
Dr. Petra Nix

Bis heute überwiegt die traditionelle, primär juristische Sicht, die vor allem auf die Einhaltung der Gesetze abzielt. Die Praxiserfahrung zeigt, dass börsenkotierte Schweizer Unternehmen ihre Hausaufgaben diesbezüglich gemacht haben. Die Pläne für eine bessere Corporate Governance und Aktionärsdemokratie sehen für institutionelle Investoren künftig eine aktivere Rolle in der Überwachung börsenkotierter Unternehmen vor.

Aktionäre werden aktiver
Der Begriff „Aktive Aktionäre“ ist häufig negativ konnotiert. Er wird schnell in Verbindung gebracht mit Finanzinvestoren, die das Ziel einer kurzfristigen Gewinnmaximierung mit harten Bandagen gegenüber der Unternehmensleitung durchsetzen wollen, Chefs an einer langfristig soliden Firmenpolitik hindern und nach Dividendenausschüttungen oder Aktienrückkäufen gieren. Doch welche Rolle könnten institutionelle Investoren künftig wirklich spielen?

Initiativen, das Aktionärsengagement zu forcieren, tragen erste Früchte – insbesondere, was die Stimmrechtsausübung betrifft. Aktionäre von Schweizer Unternehmen üben verstärkt ihr Stimmrecht aus. Vor allem bei den Minderheitsaktionären hat die Aktionärspartizipation zugenommen: Mit einem Anstieg von ursprünglichen 33,1% im Jahr 2010 auf  60,7% im Jahr 2016 hat sich diese fast verdoppelt. Diese Aktionärsgruppen äußern sich zudem häufig kritischer als Großaktionäre.

Dialogorientierte Corporate-Governance-Kommunikation
Die aktuellen Bestrebungen eines aktiven Aktionärsengagements steuern einen Kurs des konstruktiv-kritischen Dialogs an. Direkte Kommunikation zwischen institutionellen Investoren und dem Verwaltungsrat bietet einen Mehrwert für beide Seiten. Beispielsweise können sich Investoren ein besseres Bild darüber machen, ob der Verwaltungsrat adäquat besetzt ist und effektiv arbeitet. Darüber hinaus hat der Verwaltungsrat die Chance – im regulatorisch zulässigen Rahmen – Investoren für unternehmensindividuelle Governance-Lösungen zu gewinnen. Themen dieser Dialoge sind zum Beispiel:

  • Zusammensetzung, Organisation und Arbeitsweise des Verwaltungsrates
  • Nominierungsprozess, Nachfolgeplanung und Anforderungsprofile der Kandidaten
  • Vergütungssysteme, geplante Veränderungen sowie die Auslegung und Inanspruchnahme von Ermessenspielräumen

Speziell für Unternehmen mit einem hohen Streubesitz gewinnt die kontinuierliche, zeitnahe und dialogorientierte Kommunikation mit ihren Minderheitsaktionären zunehmend an Bedeutung. Dabei ist es wichtig, die Investorentypen und deren Wahrnehmung zum Unternehmen zu kennen sowie die individuelle Unternehmenssituation realitätsnah einzuschätzen. Beides ist für die Einflussnahme von Aktionären bedeutend.

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