Diejenigen, die das Angebot eines Unternehmens aktiv nutzen, sollen langfristig durch eine Beteiligung gebunden werden. Und einen weiteren Vorteil hatten die Affinity-Programme gerade während des Boom-Monats für Neuemisionen: Die Börsenkandidaten konnten ihre Nutzerzahl – und damit auch ihren Unternehmenswert – nach oben schrauben.

Das deutsche Internet-Portal Web.de verteilte so 18 % des Grundkapitals an die Nutzer, bei dem Börseninformationsdienst OnVista.de gingen 100.000 Aktien bevorrechtigt an die Nutzer des Dienstes. Auch die Internet-Tochter T-Online will über 800.000 Kunden bei der Zuteilung der Aktien bevorzugen.

Was im ersten Augenblick wie eine sinnvolle Kundenbindungsmaßnahme aussieht, kann sich aber schnell zum Boomerang entwickeln. Betrachten wir den stolzen Besitzer eines 27er-Paketes Web.de-Aktien, die dieser am 17. Februar aus dem Affinity-Programmm des Unternehmens erhielt. Vielleicht hatte der frischgebackene Aktionär sogar zum ersten Mal Aktien gezeichnet, im Glauben, daß er mit einem Investment in das von ihm favorisierte Internet-Portal sein Geld sinnvoll anlegen würde. Noch am ersten Handelstag wurde er für sein Vertrauen belohnt: Aus den 702 investierten Euro waren über Nacht 1.755 Euro geworden. Die Freude über den „fetten Gewinn“ von über 1.000 Euro währte nicht lange. Der Kurs bröckelte von Tag zu Tag, bis schließlich der Absturz unter den Emissionspreis von 26 Euro folgte. Viele Nutzer wußten jedoch nicht, daß die Konsortialbanken den Emissionspreis dank der guten Börsenverfassung bis aufs äußerste ausgereizt hatten. Noch kurz vor dem Börsengang hob die konsortialführende DG-Bank den Preis um rund 30 % an. Das Unternehmen war bereits zur Emission extrem hoch bewertet. Ein kurzer Rückschlag am Markt reichte, um den Kurs wieder in Richtung einer fairen Bewertung zu führen.

Den Buchverlust trägt nun der Kunde. Über jeden Euro, den der Kurs unter seinen Einstandspreis fällt, ärgert sich der Kunde mehr über das Investment. Und er wird diesen Ärger nicht mit sich herumtragen. Er überträgt die negativen Erfahrungen, die er mit der Aktie des Unternehmens gemacht hat, auf das Unternehmen selbst, meidet das Angebot und wechselt möglicherweise ganz bewußt zur Konkurrenz. Von den Aktien hat er sich ohnehin längst getrennt. Das Affinity-Programm ist zum Boomerang geworden.

Floppt die Emission der T-Online-Aktie, könnten sich auch hier die bevorzugt behandelten Kunden benachteiligt fühlen. Auch diesen Effekt sollten die Börsenkandidaten und Konsortialbanken daher bei ihrem Emissionskonzept berücksichtigen.

Was halten Sie von Affinity-Programmen und welche Erfahrung haben Sie persönlich damit gemacht? Senden Sie Ihre Antwort einfach per eMail an: feedback@goingpublic-online.de.

Die GoingPublic-Kolumne erscheint börsentäglich in Zusammenarbeit mit dpa-AFX.

Autor/Autorin