Stellen Sie sich vor, Sie wären Nicht-Großaktionär einer Publikumsgesellschaft und müssen zusehen, wie Verluste produziert werden und der Kurs in Richtung Marianengraben absinkt. Da mittelalterliche Praktiken zur Sanktionierung von unerwünschten Entwicklungen heutzutage nicht mehr flächendeckend zum Einsatz kommen und der Staat zwar nicht die Praktiken an sich, aber doch die Hoheit über die Sanktionierung an sich gerissen hat, wollen Sie denjenigen Personen, die Sie um einen Teil Ihres Vermögens gebracht haben, wenigstens ein paar Fragen stellen, wie es denn dazu kam. Das Auskunftsrecht gilt ja auch für den allerkleinsten Teilhaber, auch wenn das einer Vielzahl deutscher Vorstände und Kapitalmarktlobbyisten nicht recht sein mag.

Sie wollen ihm vielleicht sogar, voll des Grolls über sein offenbares Versagen im Amt, die Entlastung verweigern – und sich damit zur Zielscheibe des Spotts machen, weil eine Nichtentlastung den Betroffenen keinen Cent kostet und auch nicht in seinem polizeilichen Führungszeugnis Niederschlag findet – schade eigentlich!

Wenige Tage vor der Hauptversammlung verkündet das Unternehmen ganz nebenbei, ach, übrigens, es gab da einen Wechsel im Vorstand. So ersparten sich schon die Gebrüder Haffa eine Gegenüberstellung mit ihren Geldgebern anläßlich der letztjährigen Hauptversammlung von EM.TV. Ähnliche Modelle erlebten die Teilhaber bei Media!, UBAG, und VMR.

Beim strauchelnden Wagnisfinanzier Abakus VC wurde personell richtig gründlich aufgeräumt: Im März verließ neben Vorstandsmitglied Gerhard Mayer auch der komplette Aufsichtsrat das Boot, am 19.07., mithin zehn Tage vor der Hauptversammlung, verabschiedet sich Vorstand Thomas Schäfers. Die Eile und Gründlichkeit des Personenaustauschs erinnert fast an die Säuberungsmaßnahmen in totalitären Regimen. Ergebnis: Wieder einmal werden sich die versammelten Aktionäre neuen Gesichtern gegenübersehen, die mit allem Schlechten der Vergangenheit nichts zu tun zu haben glauben und auch auf derartige Fragen leider, leider keine Auskunft geben können.

Viele düpierte Anleger dieser und vieler anderer Gesellschaften werden sich fragen, ob denn nicht auch im operativen Geschäft so gründlich und terminbewußt hätte gearbeitet werden können, wie die verantwortlichen Unternehmenslenker bei Organisation und Timing ihres Abgangs zu verfahren wußten.

Die Kolumne erscheint jeweils montags, mittwochs und freitags in Zusammenarbeit mit dpa-AFX.

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