Dr. Thorsten Kuthe, Partner, und Madeleine Zipperle, Rechtsanwältin, Heuking Kühn Lüer Wojtek, Köln
Dr. Thorsten Kuthe, Partner, und Madeleine Zipperle, Rechtsanwältin, Heuking Kühn Lüer Wojtek, Köln

„Sinnvolle Vereinfachungen“, aber „nicht für alle“ – so lautete die verwunderte Ausführung im Editorial der letzten Ausgabe des HV Magazins. „Nicht mit uns“, sagen wir dazu! Die vereinfachte Feststellung von Hauptversammlungsbeschlüssen ist bei allen Gesellschaften möglich, egal ob Freiverkehr oder regulierter Markt.

Die Beobachtung 2013
In der Praxis konnte man gerade in dieser Hauptversammlungssaison ein überraschendes Phänomen beobachten: Viele Hauptversammlungsberater verweigerten den im Freiverkehr notierten Aktiengesellschaften die Möglichkeit, Beschlussverkündungen kurz, schnell und ohne Angabe von großen Zahlenkolonnen durchzuführen. Argument: Dies sei nur im regulierten Markt möglich. Aus unserer Sicht eine Fehlentwicklung, die es zu stoppen gilt. Was ist der Hintergrund? Hierfür müssen wir ein wenig juristisch werden:

1.    Hauptversammlungsbeschlüsse müssen, um wirksam zu sein, durch den Versammlungsleiter verkündet werden.

2.    Das Protokoll der Hauptversammlung muss das „Ergebnis der Abstimmung“ enthalten.

3.    Es war allgemein anerkannt, dass es im Rahmen der Verkündung des Beschlussergebnisses durch den Versammlungsleiter ausreicht festzustellen, ob die notwendige Mehrheit für einen Beschlussvorschlag erreicht wurde – ohne Angabe weiterer Details.

4.     Es war bislang ebenso anerkannt, dass im Unterschied dazu im Protokoll weitere Angaben über das Beschlussergebnis erforderlich sind, nämlich die Anzahl der Ja- und Nein-Stimmen und Enthaltungen.

5.     Der Gesetzgeber hat in einer Gesetzesneufassung die Vorgaben dazu, was der Versammlungsleiter verkünden muss, etwas unglücklich in denjenigen Paragraphen des Aktiengesetzes integriert, der die Vorgaben zum Mindestinhalt des Protokolls enthält. Schon vorab sei angemerkt: Hier liegt „des Pudels Kern“.

Die Erleichterung von 2009
Ende 2009 wurden die Vorschriften über die Protokollierung ergänzt, konkret in § 130 Abs. 2 Satz 2 und 3 AktG. Danach müssen bei – im regulierten Markt – börsennotierten Gesellschaften umfassende zahlenmäßige Angaben über das Beschlussergebnis vom Versammlungsleiter bekannt gemacht werden. Auf diese erweiterte Bekanntmachung kann dann verzichtet werden, wenn kein anwesender Aktionär widerspricht. Die Annahme, dass sich durch diese, nur für Gesellschaften im regulierten Markt geltende Gesetzesergänzung etwas für Gesellschaften im Freiverkehr ändert, erscheint uns fernliegend.

Insbesondere gilt die Möglichkeit, auf die umfassende Bekanntmachung zu verzichten, naturgemäß nur im regulierten Markt, da auch nur dort die erweiterte Pflicht zur Verkündung der Ergebnisse besteht. Für den Freiverkehr bedarf es einer solchen „erleichternden“ Regelung nicht, da dort schon gar keine Pflicht zur Verkündung der unzähligen Daten besteht. Diese ist ja ausdrücklich nur für den regulierten Markt neu geregelt worden.

Der Irrtum
Wir vermuten, dass die Verwirrung auf der Vermischung der Ergebnisverkündung durch den Versammlungsleiter mit der (umfassenderen) Ergebnisprotokollierung beruht. Aber die Protokollierung einerseits und das, was der Versammlungsleiter verkündet, andererseits ist getrennt zu betrachten. Der Notar kann sich die zu protokollierenden Informationen auch auf andere Weise beschaffen, etwa durch entsprechende ausgelegte Beschlussergebnisinformationen.

Fazit
Hauptversammlungen sind zu wichtig, als dass dort unnötige Risiken eingegangen werden könnten. Hier jedoch sagt der gesunde Menschenverstand von Frau Gebauer zu Recht: „Das kann nicht richtig sein.“ Dem ist nichts hinzuzufügen.

Das zitierte Editorial des HV Magazins finden Sie hier

m.zipperle@heuking.de; t.kuthe@heuking.de

 

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