Neben der roten und der grünen Biotechnologie macht die industrielle Biotechnologie immer mehr von sich reden.  Weil fossile Energien nicht unbegrenzt zur Verfügung stehen, will auch die chemische Industrie weg vom Erdöl und hin zu nachhaltigen Rohstoffen. Viele Unternehmen arbeiten bereits an Kraftstoffen aus erneuerbaren Energien – immer mehr nutzen dazu auch Agrarreststoffe, die nicht mit Nahrungsmitteln konkurrieren. Bioethanol aus Cellulose, wie es Clariant favorisiert, oder Kraftstoffe aus Algen, wie Solazymes Soladiesel, sind nur einige der Innovationen, an denen Firmen und Forscher weltweit arbeitet und forschen.

Doch nicht nur Kraftstoffe werden aus Erdöl gewonnen, auch eine Vielzahl der Grundstoffe der chemischen Industrie werden aus Erdöl gewonnen und daraus eine Vielzahl von Dingen des täglichen Lebens hergestellt. Isobuten, ein zu den Kohlenwasserstoffen gehörender Stoff, ist so ein Grundstoff der chemischen Industrie und dient der Herstellung von Treibstoffen, Antiklopfmitteln, Elastomeren oder Lösungsmitteln. Bislang wurde Isobuten aus dem komplexen Gemisch Erdöl gewonnen, doch schon bald sollen optimierte Mikroorganismen seine Synthese übernehmen. Zucker anstelle von Erdöl soll, wenn es nach Mitarbeitern der Firma Global Bioenergies und den Forschern des Fraunhofer-Zentrums für Chemisch-Biotechnologische Prozesse (CBP) in Leuna geht, künftig den Ausgangsstoff für Isobuten bilden.

Mikroorganismen verdauen Zucker zu Isobuten
Für die geplante Pilotanlage stellt das Bundesministerium für Bildung und Forschung (BMBF) insgesamt 5,7 Mio. EUR an Finanzmitteln bereit. Die Stoffwechselforschung stammt von Global Bioenergies – das Unternehmen hat den Stoffwechsel von Zucker zu Isobuten erfolgreich in einen Mikroorganismus eingebaut. Füttert man die gentechnisch optimierten Bakterien mit Zucker, so verdauen sie diesen zum Gas Isobuten. Für die geplante Pilotanlage zur großtechnischen Isobuten-Synthese aus Mikroorganismen will das Team von Global Bioenergies das Know-how der Spezialisten für Verfahrenstechnik des Fraunhofer-Instituts nutzen. Der Leiter des CBP, Gerd Unkelbach, will gemeinsam mit seinem Team den Projekterfolg sicherstellen. Dazu gehört auch der Sicherheitsaspekt, denn Isobuten bildet mit Luft ein explosionsfähiges Gemisch, was einer besonderen Handhabung bedarf.

Startschuss für die Pilotanlage im Herbst
Startschuss für den Baubeginn der Pilotanlage im Technikum des CBP ist der kommende Herbst. Schon nach einem Jahr soll die Anlage ihre Arbeit aufnehmen. Dabei soll sich der Prozess der Isobuten Synthese im Großmaßstab kaum vom Labormaßstab unterscheiden. In einem Fermenter verdauen Mikroorganismen den zugesetzten Zucker zu gasförmigem Isobuten, welches abgetrennt, gereinigt, verflüssigt und anschließend abgefüllt wird. Nach Etablierung des Prozesses ist eine Jahresproduktion von bis zu 100 Tonnen Isobuten geplant. Zum Scale-up in der Pilotanlage stammt der Zucker zum Verdau noch aus Zuckerrüben und steht damit „in Konkurrenz zum Teller“. Nach der erfolgreichen Prozessevaluierung wollen die Forscher aber auf Zucker aus Cellulose-haltigen Agrarreststoffen wie beispielsweise Holz switchen. Die Technik dazu haben die CPB-Forscher bereits in ihrer Ligno-Zellulose-Bioraffinerie erfolgreich etabliert. In dieser Anlage wird Holz in die verschiedenen Polysaccharide Zellulose, Hemizellulose und Lignin gespalten. Die Zellulose, ein der Stärke ähnliches Polysaccharid, kann anschließend zu einzelnen Zuckermolekülen hydrolysiert werden. Die Pilotanlage stellen die Forscher vom 7. bis 11. April in Halle 6, Stand J18, auf der IndustrialGreenTec in Hannover vor.

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