Es gehört zum Ritual der Bekanntgabe der Geschäftszahlen bei Ryanair, daß Ryanair-Chef Michael O“Leary morgendlich durch alle TV-Programme tingelt, von CNN über CNBC, bis er schließlich sogar von den deutschen Spätblickern bei der Berichterstattung wahrgenommen wird. Diesmal fiel seine Selbstvermarktung allerdings mager aus.

Denn zum ersten Mal mußte er die erfolgsverwöhnten Ryanair-Aktionäre enttäuschen. Im laufenden Geschäftsjahr erwarten die Iren trotz stark steigender Passagierzahlen 10 % weniger Gewinn. Daraufhin büßten die Aktien fast ein Drittel an Wert ein und haben damit sämtliche Gewinne der letzten beiden Jahre komplett wieder ausradiert.

Die Ticketpreise sinken, aha, doch wer wüßte das besser als Ryanair? Die Kapazitäten wurden in den letzten beiden Jahren um rund 50 % ausgeweitet – wozu eigentlich? Jetzt hat man Probleme mit der Auslastung. Eine unvergleichliche Rabattschlacht war die Folge. Nun drohen auch noch Subventionsrückzahlungen in Millionenhöhe. Das Einfordern öffentlicher Hilfen, der Verzicht auf Flughafengebühren und anderes Entgegenkommen von Flughafenstandorten war und ist Bestandteil der Ryanair-Strategie.

Das nützt fortan also auch nicht mehr viel – obwohl man diesen Eindruck so gewinnen konnte (O’Leary sei Dank), auch Ryanair hat das Fliegen nicht neu erfunden. Der Spielraum für weitere Einsparungen ist begrenzt, noch mehr Kostenreduktionen werden zudem verstärkt auf dem Rücken des Personals ausgetragen, das Thema „Sicherheit im Flugbetrieb“ ist noch mal was ganz anderes. Aktionäre müssen erkennen: Fliegen ist zum Massengeschäft geworden, zur Fließbandabfertigung, entsprechend verhält es sich mit den Preisen. Dies erinnert an das Reifestadium des Eisenbahntransports vor rund 100 Jahren – für Aktionäre keine gute Zeit, für Passagiere dagegen das Gegenteil. Heute gilt das gleiche für die Fliegerei: Was gut für Passagiere ist, kann nicht gleichzeitig gut sein für die Unternehmen sein (heute: Airlines, damals: Eisenbahnen). Diese Erkenntnis sollte nicht überraschen, sie ist 100 Jahre alt.

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