Zum 1. Februar 2012 wurden die kapitalmarktrechtlichen Mitteilungspflichten über Stimmrechte erneut erweitert. Vor allem der Erwerb großer Stimmrechtspositionen in Unternehmen in einer heimlichen Art und Weise („Anschleichen“) soll zukünftig verhindert werden. Hintergrund sind insbesondere die viel beachteten Fälle Porsche/VW und Schaeffler/Continental, in denen nach bisheriger Rechtslage keine Meldepflicht bestand. Die Ausweitung der Meldepflichten bezieht sich dabei nur auf Gesellschaften, die im regulierten Markt (Prime oder General Standard) notieren, nicht hingegen auf Gesellschaften im Freiverkehr (einschließlich Entry Standard). Die Mitteilungspflichten für diese Emittenten fußen ab sofort auf drei Säulen:

Grundsatz der Meldepflicht nach § 21 WpHG

Basis bildet weiterhin die seit 2007 unverändert bestehende Meldepflicht nach §§ 21, 22 WpHG. Wer die Schwellen von 3%, 5%, 10%, 15%, 25% oder 30% der Stimmrechtsanteile eines Unternehmens unmittelbar oder mittelbar erreicht, über- oder unterschreitet, muss dies der BaFin und dem Emittenten melden. Schon eine verspätete Meldung führt dazu, dass die Rechte aus den Aktien (Stimmrechte, Bezugsrechte, Dividendenrechte etc.) sechs Monate lang nicht ausgeübt werden dürfen.

Neue Meldepflichten für:

  • Call-Optionen mit Bedingungen
  • Call-Optionen mit Barausgleich
  • Stillhalter von Put-Optionen

 

Meldepflicht in § 25 WpHG wird um „sonstige Instrumente“ erweitert

Schon bisher gab es daneben eine Mitteilungspflicht nach § 25 WpHG für Finanzinstrumente, die zum Erwerb von bestehenden Aktien berechtigen, wie etwa Kaufoptionen. Maßgeblich kam es hierbei darauf an, dass es einen Anspruch auf Erwerb einer bestehenden Aktie gab. Dadurch wurden nur relativ einfache Finanzinstrumente erfasst. Diese Meldepflicht nach § 25 WpHG wurde nun auch auf Ansprüche auf Übertragung von Aktien ausgedehnt, die nicht unter die Definition des „Finanzinstruments“ nach WpHG fallen. Erfasst werden nun insbesondere auch der Rückforderungsanspruch des Darlehensgebers aus einem Wertpapierdarlehen und die Rückkaufvereinbarung bei einem Repurchase Agreement. Die erst 2009 neu eingefügte Ausnahme vom Aggregationsgebot in § 25 Abs. 1 Satz 4 WpHG wurde wieder gestrichen. Somit ist nun selbst dann eine Mitteilung nach § 25 WpHG erforderlich, wenn eine Meldung nach §§ 21, 22 WpHG erfolgt ist und der zusätzliche Erwerb eines Instruments im Sinne von § 25 WpHG keine neue Meldeschwelle berührt.

Einführung eines neuen § 25a WpHG

§ 25 WpHG führte in den Fällen Porsche/VW oder Schaeffler/Continental nicht zu Meldepflichten, da in beiden Fällen kein Anspruch auf Übertragung von Aktien bestand. Schaeffler beispielsweise erwarb mit dem Abschluss von Cash Settled Equity Swaps lediglich einen Anspruch auf Zahlung, der abhängig war von dem Kurs der Continental-Aktien. Rein faktisch lag es aber nahe, dass die als Stillhalter agierende Bank sich durch den Erwerb von Continental-Aktien absicherte. Als das Übernahmeangebot von Schaeffler für Continental vorlag, lag es ebenfalls nahe, dass die Bank die Continental-Aktien an Schaeffler verkauft. Um derartige Vorgehensweisen transparent zu machen, führte der Gesetzgeber nun eine sehr weitreichende Meldepflicht im neuen § 25a WpHG ein. Diese betrifft das Halten von weiteren Finanzinstrumenten und sonstigen Instrumenten. Hiernach unterliegt jeder der Meldepflicht, der unmittelbar oder mittelbar Finanzinstrumente oder sonstige Instrumente hält, welche es ihrem Inhaber oder einem Dritten faktisch oder wirtschaftlich ermöglichen, mit Stimmrechten verbundene und bereits ausgegebene Aktien zu erwerben. Bereits das Ermöglichen des Erreichens einer Meldeschwelle muss nach nun geltendem Recht unverzüglich, also spätestens innerhalb von vier Handelstagen, mitgeteilt werden. Es genügt hierbei, dass eine Schwellenüberschreitung aus der wirtschaftlichen Logik des Instruments resultieren könnte. Dieser sehr weite Tatbestand wird lediglich durch zwei Regelbeispiele konkretisiert, nach denen insbesondere Instrumente erfasst sind, bei denen die andere Partei ihre Risiken durch das Halten von Aktien absichert, und solche, die ein Recht zum Aktienerwerb einräumen. Die spektakulären Fälle der Vergangenheit werden dadurch erfasst. Unklar ist aber darüber hinaus, für welche weiteren sonstigen Instrumente, die faktisch einen Stimmrechtserwerb ermöglichen könnten, § 25a WpHG ebenfalls anzuwenden ist. Zahlreiche gängige Methoden aus der M&A-Praxis könnten darunter fallen.

Die Eingangsmeldeschwelle liegt bei 5% der Stimmrechte des Emittenten. Verschiedene Instrumente im Sinne des § 25a Abs. 1 WpHG sind dann zusammenzurechnen, wenn sie sich auf Aktien des gleichen Emittenten beziehen.

Jeder Inhaber von Finanzinstrumenten, die unter § 25a WpHG fallen, muss rasch prüfen, ob eine Meldepflicht vorliegt, da § 41 Abs. 4 lit. d) WpHG eine Bestandsmitteilung vorschreibt. Demnach müssen sämtliche seit dem 1. Februar 2012 nun erfassten Finanzinstrumente und sonstigen Instrumente unverzüglich, spätestens jedoch innerhalb von 30 Handelstagen, gemeldet werden, wenn diese dem Inhaber ermöglichen, die 5%-Schwelle zu überschreiten.

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