Der Trend ist eindeutig: So erfreuen sich Börsengänge weiterhin einer ungebrochenen Beliebtheit. Die kurze Delle, die sich noch im Mai ankündigte, ist dabei längst überwunden. Mit zusammen über 60 IPOs trugen die Monate Juni und Juli sogar überproportional zur bisherigen IPO-Bilanz des Jahres bei. Anleger werden wiederum von starken Neuzugängen angelockt. Lediglich 8 der 34 Juli-Debütanten mussten an ihrem ersten Handelstag Kursverluste hinnehmen. Dagegen verzeichneten gleich 13 Börsengänge ein zweistelliges Kursplus. Zu den Top-Performern gehörten dabei das Biotechunternehmen Sage (+50%) und der Medizintechnikanbieter iRadimed (+60%). Erfreulich sind zudem das insgesamt stabile Preisniveau sowie der Volumenanstieg gegenüber dem Vorjahr von fast 40%.

Anzahl IPOs letzte 12 Monate
Anzahl IPOs letzte 12 Monate

 

Biotech und Energie als Schrittmacher

Einen wesentlichen Beitrag zur starken IPO-Bilanz der Sommermonate lieferte vornehmlich der Biotech- und Energiesektor. Letzterer sah sowohl Debüts klassischer, noch kleinerer Öl- und Gasförderer wie das von Spark Energy (Volumen: 54 Mio. USD) als auch von weiterhin recht beliebten Limited-Partnership-Konstruktionen. Hierzu zählte unter anderem VTTI Energy Partners LP, die neben Raffinerieprodukten auch über Terminals zur Lagerung von Öl und Gas verfügen. Beide Bereiche sichern der Gesellschaft recht verlässliche Einkommensströme, welche die Grundlage für hohe Ausschüttungen sind. Allein der Juli brachte es auf ein Dutzend weiterer Biotech-IPOs. Zählt man die Börsengänge aus den Bereichen Medizintechnik und Gesundheitsdienstleistungen dazu, so waren allein 20 der 34 Neuzugänge dem Healthcare-Umfeld zuzurechnen. Auch wenn es sich dabei nur um eine Zwischenbilanz handelt, so steht der Monat bislang durchaus stellvertretend für einen der diesjährigen IPO-Trends. Biotechs bleiben weiterhin die Lieblinge der Wall Street.

 IPO ScoreboardSpin-offs mit Licht und Schatten

Die Abspaltung von Konzernteilen ist ein probates Mittel, um den eigenen Unternehmenswert zu steigern und stille Reserven aufzudecken. Zuletzt nutzte der Chemieriese Westlake Chemical (Jahresumsatz: 3,8 Mrd. USD) diese Möglichkeit beim Börsengang seines Ethylen-Geschäfts. Dieses wurde in der Rechtsform einer Limited Partnership (LP) zu einem Preis von 24 USD je Anteil an die Börse gebracht. Dabei lag der Ausgabekurs deutlich über der zunächst kommunizierten Preisspanne von 19 bis 21 USD. Der Mutter Westlake Chemical, die auch nach dem IPO weiterhin knapp 56% am Unternehmen hält, flossen hierdurch rund 270 Mio. USD zu. Und auch die Neuaktionäre können bislang mit ihrem Investment zufrieden sein. Westlake Chemical Partners notierten bis zuletzt fast ein Viertel über ihrem Emissionskurs. Deutlich gebremster verlief das Debüt der GE-Tochter Synchrony Financial. Das Unternehmen, das Kreditkarten für Einzelhändler wie Wal-Mart und J.C. Penney herausgibt und daneben auch eine Online-Bank betreibt, kämpfte zunächst gegen den Fall unter den eigenen IPO-Preis. Schon im Vorfeld löste das Angebot wenig Begeisterung aus. Am Ende erlöste GE lediglich die eingeplante Minimalsumme von 2,87 Mrd. USD. GE wollte durch den Börsengang vor allem die Abhängigkeit seiner Finanzsparte verringern.

Monatliche Zeichnungsgewinne
Monatliche Zeichnungsgewinne

Israelisches Groß-IPO erfolgreich

Obwohl im Nahen Osten in den vergangenen Wochen die kriegerischen Auseinandersetzungen zwischen Israel und der Hamas eskaliert sind, gelang einem israelischen Unternehmen der Sprung an die New Yorker Börse. Vom Konflikt gänzlich unbeeindruckt konnte der Technologiekonzern Mobileye Aktien im Gesamtwert von fast 900 Mio. USD platzieren. Es war damit der größte Börsengang eines israelischen Unternehmens in der Geschichte der Wall Street. Mobileye entwickelt Softwarelösungen für kamerabasierte Fahrassistenzsysteme und hat damit über die letzten Jahre de facto einen Industriestandard etabliert. Immer mehr Autohersteller setzen auf die Technologie der Israelis, mit der sich die Sicherheit im Straßenverkehr erhöhen lässt. Hierzu zählen beispielsweise automatische Notfallbrems- und Kollisionswarnsysteme. Bis Ende des Jahres 2016 sollen die mit Mobileye-Technik ausgerüsteten Modelle von derzeit 150 auf fast 240 anwachsen. Auch Elektropionier Tesla findet sich auf Mobileyes Kundenliste, die sich wie das Who-is-Who der Automobilindustrie liest. Das starke Umsatzwachstum des Konzerns – jeweils eine Verdopplung in den letzten beiden Jahren – wird getrieben von einer strengeren Regulierung und einem höheren Sicherheitsbedürfnis. Analysten erwarten auch für die nächsten Jahre dynamische Erlöszuwächse von bis zu 100%. Diese erscheinen auch dringend notwendig, um die aktuelle Bewertung von rund 7 Mrd. USD zu rechtfertigen. Schließlich starteten die Papiere mit einem Aufschlag von über 40% in ihren ersten Handelstag.

Fazit

Ungeachtet der geopolitischen Spannungen bewegte sich der IPO-Markt bis zuletzt in vergleichsweise ruhigem Fahrwasser. Die solide Bilanz der meisten Neulinge bildet dabei eine gesunde Grundlage für das Geschäft in den kommenden Wochen und Monaten. Die Zahl der Filings bleibt ebenso hoch wie das Interesse vieler Investoren, die bis zuletzt durchaus selektiv und ohne blinde Euphorie ihre Engagements auswählten. Für eine nachhaltige Aufwärtsentwicklung ist insbesondere letzteres keine schlechte Voraussetzung.

 

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