Das Schweizer Start-up Tecuro hat eine neue Technologie entwickelt, die gezielt gegen  Harnwegsinfektionen vorgeht und kurz vor der Marktreife steht. Jetzt muss nur noch ein strategischer Käufer gefunden werden.

Die ovalen Pads können in einer Slipeinlage getragen werden und dienen der Bekämpfung von Harnwegsinfekten.
Die ovalen Pads können in einer Slipeinlage getragen werden und dienen der Bekämpfung von Harnwegsinfekten.

„Harnwegsinfekte gehören zur DNA von Frauen“, betont Tecuro-CTO Dr. Corinna Hengsberger im Gespräch mit dem GoingPublic Magazin – und tatsächlich: Viele Frauen kennen den mühsamen Kampf gegen Blasenentzündungen nur allzu gut. Dabei bleibt es oftmals nicht bei einer einzigen Infektion: Wer einmal erkrankt ist, bekommt solche Infekte mehrfach im Jahr –  manche sogar monatlich. So leiden rund 14 Mio. Frauen in den USA und Europa unter wiederkehrenden Harnwegsinfektionen.

Breiter Markt

Mit eines der häufigsten Gründe dafür: eigene Darmbakterien, sogenannte E.coli. In der Regel gelangen diese vom Darm in die Harnröhre und verursachen dann die schmerzhafte Harnwegsentzündung, die u.a. zu hohem Fieber und blutigem Urin führen kann. Ein Antibiotikum ist dabei nicht immer der passende Helfer in Not – denn abgesehen von immer stärker zunehmenden Antibiotika-Resistenzen in der breiten Bevölkerung kommen viele Mittel gar nicht mehr gegen die E-Coli-Stämme an.

Dr. Corinna Hengsberger, Chief Technology Officer (CTO) der Tecuro AG.
Dr. Corinna Hengsberger, Chief Technology Officer (CTO) der Tecuro AG.

Hier kommt Tecuro (setzt sicht zusammen aus ‚Tec‘ = Technologie und ‚uro‘ = Urologie) ins Spiel: Das  Luzerner Medizin-Start-up hat eine Art „Pad“, basierend auf einer Flüssigkeitsmischung erfunden, das als Slipeinlage getragen werden kann und bei dem ein entzündungshemmender Wirkstoff freigesetzt wird, der die Bakterien bekämpft und ein Eindringen in die Harnröhre vorbeugt – ganz ohne die lästigen Nebenwirkungen, wie bei Antibiotika und dergleichen.

Großes Alleinstellungsmerkmal sei hier die besonders gute Hautverträglichkeit sowie die systemische, direkte Wirkung. „Das ist eine echte Innovationen, die es so noch nicht gibt“, erklärt Dr. Hengsberger, die von Hause aus Chemikerin ist.

Es sprudelt an Innovation

Der Haken: „Wir haben aktuell mehr Innovationen als Budget“. Das 2013 gegründete Startup sucht also noch nach einem strategischen Partner aus der Industrie – sowohl ein Komplett- als auch ein Teilverkauf sei nach Aussage des Unternehmens vorstellbar. Da das Start-up keine eigene Produktion besitzt, wäre hier ein Partner mit entsprechender Forschungsausstattung ideal.

Aktuell läuft noch eine klinische Studie am Universitätsspital Basel – patentiert ist die Technologie bereits und steht kurz vor der Marktreife.

Kein gewöhnliches Start-up

Tecuro-CEO und Chairmann Jean-Jaques Becciolini
Tecuro-CEO und Chairmann Jean-Jaques Becciolini

Ausgefallen ist das Start-up aber nicht nur wegen seiner nach eigenen Angaben hochinnovativen Technologie, sondern auch weil keiner der Mitarbeiter unter 50 Jahre alt ist: „Wir sind ein 50plus-Club“, erklärt Jean-Jacques Becciolini, CEO und Chairman von Tecuro. Die meisten der rund sechs Mitarbeiter haben demnach schon eine steile Karriere bei renommierten Großkonzernen hinter sich und sind privat gut abgesichert. Somit ergebe sich ein „hoch-effizientes Arbeiten ohne Ego-Kämpfe“, betont Hengsberger mit einem Augenzwinkern.

Hengsberger selbst war einst bei Procter & Gamble sowie Johnson & Johnson tätig; Marketingleiterin Irmgard Scheidel stammt ebenfalls aus dem Hause Johnson & Johnson und hat dort u.a. bekannte Hygieneprodukte für Frauen vermarktet. CEO Becciolini berät u.a. selbst Hightech Start-ups im Auftrag vom Schweizer Bund (CTI).

Derzeit wird das Startup von 40 internationalen Investoren finanziert, vorwiegend Business Angels.. Mit der aktuellen Serie D-Finanzierung, die im Januar startete, plant das Unternehmen seine Aktienanzahl auf 192.000 zu erhöhen. Das mögliche Umsatzpotenzial wird in den USA und Europa auf 400 Mio. EUR geschätzt.

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