Dreidimensionales biologisches Gewebe, mit Organovos 3D-Bioprinter Novogen™ kein Problem. Foto:Organovo

Als eine der besten Erfindungen des Jahres 2010 bezeichnete das TIME Magazine ihren Bioprinter. Der renommierte MIT Technology Review setzte Organovo 2012 sogar auf die Liste der 50 innovativsten Technologie-Unternehmen. Was ist dran an Organovo – alles nur Börsenübertreibung oder doch eine reelle Chance auf überproportionales Wachstum. Richtig ist, der 3D-Druck zählt zu den am schnellsten wachsenden Zukunftsmärkten und der NovoGen™ ist der erste kommerziell erhältliche Drucker der funktionstüchtiges biologisches Gewebe zu drucken vermag.

Das Geschäftsmodell des kalifornischen Unternehmens, das 2007 als Privatunternehmen startete, stützt sich auf die Forschungsergebnisse des Teams um Gabor Forgacs. Im Gegensatz zu anderen Drucktechniken im Tissue Engineering setzt man auf die Fähigkeit lebender Gewebe zur Selbstorganisation wie sie auch im frühen Embryo zu finden ist. Lebendes Gewebe besitzt eine innere Intelligenz, die im Falle optimaler äußerer Bedingungen die komplexesten Stoffwechselwege ablaufen lässt. Was für Viele wie Utopie klingt, beruht auf biophysikalischen Prozessen und ist eine logische Konsequenz von Leben.

Jahreschart von Organovo (Quelle: Yahoo)

Börsengang zur Finanzierung
Die Anschubfinanzierung in Höhe von 3 Mio. Dollar erfolgte durch die Maverick Angels, einem Netzwerk von Business Angels. Der Börsengang in Form eines Reversed Merger mit Organovo Holdings Inc. im Februar 2012 spülte insgesamt 15,2 Mio. Dollar in die Kriegskasse. Den Sprung vom OTC-Markt an die Hightech-Börse NASDAQ soll möglichst bald der Mitte 2012 rekrutierte ehemalige Beckman Coulter CFO James T. Glover vollziehen. Nach einem Ausgabepreis von einem Dollar verzehnfachte sich das Papier innerhalb von nur vier Monaten, um kurz darauf mit ähnlich rasanter Geschwindigkeit zurück auf zwei Dollar zu fallen. Zum Jahresstart 2013 legte die Aktie erneut deutlich zu – in 30 Tagen von 2,36 auf 4,34 Dollar. Diese Volatilität ist charakteristisch für viele börsennotierte Hightech-Firmen in frühen Entwicklungsphasen und zeigt die Chancen, aber auch die nicht unerheblichen Risiken die mit dem Erwerb ihrer Aktien verbunden sind. Selbst wenn Organovo bereits eine Reihe von Erfolgen vorweisen kann, vorerst wird weitere Liquidität benötigt und die Profitabilität liegt noch in weiter Ferne, was das Papier zu einem eher riskanten Investment macht.

Wachstum durch Partnerschaften
Eine wichtige Strategie der Kalifornier ist Wachstum durch Partnerschaften. Dass Pharmagigant Pfizer 2010 eine solche Partnerschaft eingegangen ist, spricht auf jeden Fall für das Potenzial des unkonventionellen Verfahrens. Wenn alles wie geplant läuft, will Pfizer die dreidimenisonalen Gewebe aus dem Bioprinter schon bald für Forschungen in zwei therapeutischen Bereichen nutzen. Auch United Therapeutics glaubt an die Überlegenheit der Methode. In der 2011 initiierten Kooperation soll Gewebe zur Entwicklung von Wirkstoffen gegen den Pulmonalen Hochdruck entstehen. Die renommierte Havard Medical School setzt sogar auf die erste funktiontüchtige Leber aus dem Hause Organovo.  Und erst kürzlich stellte Organovo sein erstes vollfunktionsfähiges in vitro 3D-Lebergewebe auf der 2013 Experimental Biology Conference in Boston und auf der 3D Printing Conference & Expo in New York vor. Eine Leber ist der Gewebelappen zwar noch lange nicht, doch da jedes Medikament durch die Leber muss, könnte die Wirkstoffforschung von ihm bereits profitieren. Erst vor wenigen Wochen wurde die jüngste Kollaboration mit dem Knight Cancer Institute der Oregon Health & Science University (OHSU) eingefädelt. Ziel ist die Etablierung dreidimensionaler Modelle die zu wirksameren Krebsmedikamenten führen. Mit einer optimierten 3D-Software, die gerade Software-Entwickler Autodesk Inc. realisiert, soll der Bioprinter auch noch interessanter für Industriekunden werden. Auch der Staat fördert kräftig mit, insgesamt aus fünf staatlichen US-Fördertöpfen gab es schon Gelder für die Weiterentwicklung der 3D-Drucktechnik.

Keith Murphy, CEO, Organovo

Ausblick bis 2016
Seriöse Analysen gehen bis 2016 von einer neuen Partnerschaft pro Jahr aus. Dabei würden Vorabzahlungen, Meilensteinzahlungen und – im Falle von vermarktbaren Produkten – auch Tantiemen fällig. 2014 wird das erste kommerzielle Produkt erwartet, vieles spricht für einen Leber-Toxizitäts-Assay. Das geschätzte Marktvolumen für physiologische Zellsysteme liegt bei etwa 14 Milliarden Dollar. Erweist sich der Lebertoxizitäts-Assay als valide, könnte das in San Diego beheimatete Unternehmen damit rund 20 bis 30 Mio. Dollar Umsatz pro Jahr generieren. Noch druckt der NovoGen™ primär Haut, Herzmuskelgewebe und Blutgefäße die als Krankheitsmodelle und einer effizienteren Wirkstoffentwicklung dienen. Der Einsatz am Menschen soll aber nur noch eine Frage der Zeit sein. Aktuell werden zwar erst einmal Daten zur Überlebensfähigkeit und Funktionstüchtigkeit der gedruckten Gewebe gesammelt. Doch danach sind erste klinische Studien geplant. Auch wenn der Bioprinter mit einigen hunderttausend Dollar kein Schnäppchen ist, für die Pharmaindustrie lohnt sich sein Einsatz heute schon. Konventionelle Methoden zur Wirkstoffentwicklung sind nicht nur unzureichend sondern auch sehr kostenintensiv. Bis zur Marktreife kumulieren sich Entwicklungskosten in Höhe von hunderten Millionen Dollar. Scheitert ein Stoff in Phase III der klinischen Entwicklung, und das ist noch immer ein zu großer Teil, sind Millionen verbrannt. Mit valideren Krankheitsmodellen könnten Hits in einem früheren Entwicklungsstadium selektiert werden. Ein echter Paradigmenwechsel wären die in Aussicht gestellten gedruckten Organe im Transplantationsgeschäft. Laut Eurotransplant warten ca. 15.000 Menschen in Europa und mehr als 100.000 in den USA auf ein Spenderorgan und es werden täglich mehr.

Ein Wort zu den Zahlen
Im dritten Quartal 2012 konnte Organovo sein Geschäftsmodell weiter stärken. Neben zwei Patenten zum Schutz seiner Technologie konnte auch ein größeres Forschungsgelände bezogen werden. Der Umsatz, der primär aus Kollaborationen stammt, belief sich auf 1,2 Mio. US-Dollar. Während die Fördergelder in 2013 stagnieren dürften, erwartet das Unternehmen für das kommende Geschäftsjahr weitere Mittelzuflüße aus Kollaborationen und der Weiterentwicklung seiner Forschungsgewebe. Im Vergleich zu 2011 stiegen die operativen Ausgaben um 218 Prozenten oder 7,2 Mio. US-Dollar – von 3,3 Mio. (2011) auf 10,5 Mio. (2012) US-Dollar. Die Forschungsausgaben erhöhten sich 2012 um 143 Prozent – von 2 Mio. auf 3,4 Mio. US-Dollar. Die Ausgaben für Gehälter kletterten auf Grund der Einstellung zusätzlichen Forschungspersonals, das von acht Wissenschaftern in 2011 auf nun neunzehn gewachsen ist. Mit den Patenten der Universität von Missouri sicherte sich Organovo die Exklusivrechte an der von Forgacs entwickelten Bioprint-Technologie. Mit positivem Cash Flow rechnen seriöse Schätzungen allerdings erstmalig ab 2015. Aktuell in Organovo zu investieren ist risikoreich, doch ein wachsames Auge auf den Pionier im Bioprinting kann nicht schaden.

 

Organovo Basisinformationen:

Anzahl Aktien:                                    62,24 Mio.
Marktkapitalisierung in USD:            229,03 Mio.
Hauptindex:                                        OTC Markets
Aktienkürzel:                                      ONVO
Kurs in USD:                                       3,68 (Stand: 26.04.13)
Info:                                                     www.organovo.com
Chart und Finanzdaten:                    http://finance.yahoo.com/q/ks?s=ONVO+Key+Statistics

Autor/Autorin