Das Instrument der Sonderprüfung war auch in der bisherigen Hauptversammlungssaison Gegenstand zahlreicher Hauptversammlungen. So strebten beispielsweise Aktionäre auf den diesjährigen Hauptversammlungen der Deutschen Bank AG, der RWE AG oder der STRABAG AG Beschlussfassungen über die Durchführung von Sonderprüfungen von jeweils konkret bezeichneten Geschäftsvorfällen an.

Sonderprüfungsthemen waren auch alleiniger Gegenstand der außerordentlichen Hauptversammlung der Kabel Deutschland AG vom 20. März 2015. Sonderprüfungen sind hiernach immer wieder Begleiter von Hauptversammlungen. Wegen der Bedeutung soll im folgenden Beitrag der rechtliche Rahmen dieses Minderheitenrechts aufgezeigt werden.

Dr. Alexander Thomas
Dr. Alexander Thomas, Partner Mayrhofer + Partner

Grundlagen der Sonderprüfung

Die Sonderprüfung ist eines der zentralen Minderheitenrechte zur Überprüfung der Geschäftsführung der Gesellschaft. Zwar kennt das Aktiengesetz eine Sonderprüfung in drei Fällen, nämlich erstens zur Prüfung von Vorgängen bei der Gründung oder der Geschäftsführung (§ 142 AktG), zweitens wegen unzulässiger Unterbewertung im Jahresabschluss sowie drittens zur Prüfung der geschäftlichen Beziehung der Gesellschaft zu einem herrschenden Unternehmen. Alleine im ersten Fall liegt die Bestellungskompetenz in der Zuständigkeit der Hauptversammlung. Daher konzentriert sich die weitere Darstellung nur auf diese Fallgruppe.

Aufgrund des beschränkten Einsichtsrechts in die internen Vorgänge der Verwaltung kann die Aufdeckung von Unregelmäßigkeiten für die Aktionäre oftmals nur durch eine Sonderprüfung erreicht werden. Die Sonderprüfung stellt in der Regel auch eine wichtige Vorstufe für die Geltendmachung von Ersatzansprüchen gegenüber Organmitgliedern dar. Über die Anordnung der Sonderprüfung und die Bestellung eines Sonderprüfers entscheidet zunächst die Hauptversammlung. Vielfach wird der Gegenstand der Tagesordnung von vornherein auf Verlangen von Aktionären, deren Anteile zusammen 5% des Grundkapitals oder den anteiligen Betrag von 500.000 EUR erreichen müssen, um den Sonderprüfungsantrag erweitert. Gleichwohl können auch Aktionäre, die insbesondere dieses Quorum nicht erreichen, auch noch im Rahmen der Hauptversammlung einen Sonderprüfungsantrag stellen, solange der Beschlussantrag der Sonderprüfung „zu einem Gegenstand der Tagesordnung gestellt“ wird. Steht wie bei einer ordentlichen Hauptversammlung die Entlastung von Vorstand und Aufsichtsrat auf der Tagesordnung, ist eine gesonderte Ankündigung des Sonderprüfungsantrags nicht erforderlich, wenn sich der Gegenstand der Sonderprüfung auf Vorgänge des Entlastungszeitraums erstreckt.

Anforderungen an den Sonderprüfungsantrag

Gegenstand einer Sonderprüfung können nur bestimmte Vorgänge sein, nicht aber eine allgemeine Prüfung der Geschäftsführung etwa innerhalb einer bestimmten Zeitperiode. Das Kriterium der Bestimmtheit ist regelmäßig Schwierigkeiten ausgesetzt, da die Hauptversammlung einerseits nur hinreichend bestimmte Vorgänge einer Sonderprüfung zuführen kann, andererseits hieran nicht zu hohe Anforderungen gestellt werden dürfen, da Aktionäre typischerweise nicht über ausreichende Informationen verfügen. Des Weiteren muss die Hauptversammlung den Sonderprüfer namentlich benennen. Als Sonderprüfer kann nur eine Person bestellt werden, die über eine ausreichende allgemeine Vorbildung und Erfahrung auf dem Gebiet der Buchführung verfügt. Zumeist werden daher Wirtschaftsprüfer als Sonderprüfer vorgeschlagen. Ob die vorbezeichneten Beschlussvoraussetzungen erfüllt sind, muss im Rahmen der Hauptversammlung der Versammlungsleiter prüfen und entscheiden.

Beschlussfassung der Hauptversammlung

Für die Beschlussfassung der Hauptversammlung über die Durchführung einer Sonderprüfung genügt eine einfache Stimmenmehrheit. Hierbei unterliegt das betroffene Kollegialorgan in der Regel einem Stimmverbot. Gerade bei Gesellschaften, bei denen Verwaltungsmitglieder wesentlich an der Gesellschaft beteiligt sind, genügt oft ein vergleichsweise geringer Anteil von Aktionären, im Rahmen dieser Beschlussfassung die erforderliche Mehrheit zu stellen.

Bestellung durch das Gericht

Lehnt die Hauptversammlung den Antrag auf Sonderprüfung ab, kann eine qualifizierte Minderheit von Aktionären, deren Anteile zusammen 1% des Grundkapitals oder den anteiligen Betrag von 100.000 EUR erreichen, die gerichtliche Bestellung eines Sonderprüfers verlangen. Aktionäre können sich zur Erreichung des Quorums auch zusammenschließen. Das vorbezeichnete Quorum wurde zuletzt durch das Gesetz zur Unternehmensintegrität und Modernisierung des Anfechtungsrechts aus 2005 herabgesetzt. Der Gesetzgeber erhofft sich von dieser Herabsenkung für Minderheitsaktionäre eine einfachere Möglichkeit, die Geschäftsführung der Gesellschaft zu überwachen und damit auch bessere Voraussetzungen für die Geltendmachung von Ersatzansprüchen gegenüber Organmitgliedern zu schaffen. Trotzdem ist bislang ein spürbarer Anstieg der Sonderprüfungsanträge nicht zu verzeichnen. Der Antrag auf gerichtliche Bestellung einer Sonderprüfung ist grundsätzlich nicht fristgebunden.

Im Rahmen dieses gerichtlichen Verfahrens liegt es an dem Antragsteller, gegenüber dem Gericht Tatsachen vorzutragen, die den Verdacht rechtfertigen, das Unredlichkeiten oder grobe Verletzungen des Gesetzes oder der Satzung begangen wurden. Hierbei entscheidet das Gericht nach freiem Ermessen.

Stellung des Sonderprüfers

Der Sonderprüfer kann von der Gesellschaft Ersatz angemessener barer Auslagen und eine Vergütung für seine Tätigkeit verlangen. Je nach Gegenstand und Umfang der Sonderprüfung können hier erhebliche Summen zulasten der Gesellschaft anfallen. Hinzu kommt, dass der Sonderprüfer ein umfangreiches Einsicht- und Prüfungsrecht hat. Der durch den Sonderprüfer anzufertigende Sonderprüfungsbericht ist beim Handelsregister einzureichen, auf Verlangen jedermann eine Abschrift zuzuleiten und auf der nächsten Hauptversammlung vorzulegen.

Dr. Alexander Thomas, Partner, Mayrhofer + Partner, konzentriert sich auf die aktien- und kapitalmarktrechtliche Beratung von Small und Mid Caps, insbesondere im Zusammenhang mit Hauptversammlungen, Kapitalmaßnahmen und der Einhaltung von Börsenfolgepflichten. thomas@mayrhofer-partner.de

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