Wie steht es um die deutsche Biotechnologie? Das 1. Quartal 2015 ist Geschichte und inzwischen haben die meisten heimischen Biotech-Firmen ihre Umsatz- und Gewinnzahlen für das vergangene Jahr vorgelegt. Wie immer gab es Überraschungen und bestätigte Erwartungen, positive und negative gleichermaßen. Ein erstes Fazit: Schlecht ist was anderes. Gut allerdings auch.

Dr. Siegfried Bialojan ließ sich seinen Optimismus nicht nehmen. Trotz sinkender Umsatz- und Unternehmenszahlen verwies der Leiter des deutschen Life Science Centers der Prüfungs- und Beratungsgesellschaft EY (Ernst & Young) anlässlich der Präsentation des „15. Deutschen Biotechnologie-Reports“ auf die gestiegenen Ausgaben für Forschung & Entwicklung als Indikatoren für den künftigen Aufschwung.  Um 4% auf 803 Mio. EUR stiegen die Investitionen. Auch die Zahl der Beschäftigten stieg auf rund 9.900. „Zukunftsinvestitionen bei schwacher Geschäftsentwicklung, dieses Signal war nach der Finanzkrise bisher nicht beobachtet worden“, so Bialojan. „Insbesondere die deutliche Zurückhaltung in den F&E-Investitionen über die letzten Jahre hatte Anlass zu großer Sorge gegeben. Jetzt zeigt sich Licht am Ende des Tunnels.“ Allerdings: Die Zahl der deutschen Biotech-Unternehmen sank von 407 auf 401 und der Gesamtumsatz fiel von 1,17 Mrd. EUR auf 1,14 Mrd. EUR.

Wo Licht…

Eine Nachricht aus dem deutschen Biotech-Segment stach im 1. Quartal besonders hervor: Der Verkauf der Martinsrieder Biotech-Schmiede SuppreMol an den US-Pharmakonzern Baxter International für 200 Mio. EUR in bar (rund 250 Mio. USD). Neben den beteiligten Investoren dürften sich darüber auch zahlreiche private Anleger gefreut haben, die über die beteiligten MIG Fonds, mit 30% der Anteile der größte Venture Capital-Geber im Unternehmen, in SuppreMol investiert hatten. Rund 60 Mio. EUR werden die MIG Fonds nach eigenen Angaben an ihre Anleger ausschütten.

Die in den vergangenen Tagen und Wochen erfolgten Präsentationen der Jahresergebnisse 2014 brachten dann wie gewohnt Licht und Schatten. Einige Beispiele: 4SC konnte seinen Umsatzdeutlich steigern, um über 40% auf rund 7 Mio. EUR. Einen Umsatzrekord meldete auch der Labor- und Biotech-Zulieferer Stratec. Dank der starken Nachfrage nach seinen vollautomatischen Analysesystemen stiegen die Erlöse nach Konzernangaben um 13,2% auf 144,9 Mio. EUR und der bereinigte Betriebsgewinn kletterte um 26% auf 24,6 Mio. EUR. Und auch das biopharmazeutische Unternehmen Wilex vermeldete jüngst für das 1. Quartal 2015 erstmals wieder steigende Umsatzzahlen, nachdem Restrukturierungsmaßnahmen am Standort in München erfolgreich durchgeführt wurden und nun erste Wirkung zeigen.

…da auch Schatten

Leider stehen solche Meldungen nicht stellvertretend für das gesamte deutsche Biotech-Segment. So musste etwa das Unternehmen Morphosys einen Jahresverlust von rund 3 Mio. EUR melden. Mehr noch: Der US-Biotech-Konzern Celgene gab seine Rechte am Morphosys-Antikörper MOR202 zurück. Demnach seien beide Firmen zu der Übereinkunft gekommen, die bestehende Vereinbarung zur gemeinsamen Entwicklung und Vermarktung des MOR202-Programms zu beenden. Besonders bitter: Ursprünglich sollte der Lizenzdeal dem Martinsrieder Antikörperspezialisten bis zu 628 Mio. EUR einbringen. So bleibt zu hoffen, dass sich der beschlossene Strategiewechsel von Morphosys, künftig selbst Wirkstoffe zu entwickeln, positiv auf die weitere Entwicklung auswirken wird.

Und schließlich:  Vor drei Jahren zahlte der US-Konzern Johnson & Johnson noch rund 100 Mio. EUR für den Erwerb der Rechte am Wirstoffkandidaten COR-1 des Martinsrieder Biotech-Start-ups Corimmun. Doch inzwischen hat – wie vor wenigen Wochen bekannt wurde, die Konzerntochter Janssen die Entwicklungsarbeit an COR-1 eingestellt und die Rechte am Wirkstoffkandidaten an den Inhaber der Patente, die Universität Würzburg, zurückgegeben. Was in 2012 noch als einer der größten Deals der deutschen Biotech-Geschichte gefeiert wurde, ist nun relativ sang- und klanglos gescheitert.