Dr. Thomas Zwissler, Rechtsanwalt, Partner, ZIRNGIBL

Aus dem Recht zur Vorstandsvergütung ist bekannt, dass die Mitglieder dieses Leitungsorgans eine Kürzung ihrer Vergütungsansprüche hinnehmen müssen, wenn sich die wirtschaftliche Lage der von ihnen geführten Gesellschaft nach der Festsetzung der Vergütung wesentlich verschlechtert und der Aufsichtsrat dies beschließt (§ 87 Abs. 2 AktG). Es wird sogar eine Verpflichtung des Aufsichtsrates angenommen, die Vergütung zu reduzieren, wenn die gesetzlichen Voraussetzungen vorliegen.

Die Frage liegt nahe, ob auch der Aufsichtsrat und seine Mitglieder entsprechenden Regelungen unterworfen sind oder ob sie insoweit privilegiert behandelt werden, als sie auf die einmal für ihre Tätigkeit festgesetzte Vergütung vertrauen können. Die Frage war jüngst – und soweit ersichtlich erstmals – Gegenstand einer gerichtlichen Entscheidung.

Die Entscheidung des LG München I

In dem zur Entscheidung gestellten Fall hatte das Gericht unter anderem über einen Bestätigungsbeschluss zur Herabsetzung der Aufsichtsratsvergütung zu entscheiden. Konkret sollte die Herabsetzung nicht nur für die Zukunft, sondern auch für das zum Zeitpunkt der Hauptversammlung bereits laufende Geschäftsjahr gelten. Dem erteilte das Gericht jedoch eine Absage. Der Vergütungsanspruch entstehe mit Beginn des Geschäftsjahres und könne den Aufsichtsratsmitgliedern danach nicht mehr entzogen werden.

Mit seiner Begründung folgte das Gericht einer starken, aber keineswegs unumstrittenen Meinung in der Literatur. Dies gibt Anlass, die in Betracht kommenden Fallgruppen noch etwas genauer zu beleuchten.

Fallgruppen und Beurteilung im Lichte der Entscheidung des LG München I

Für die grundsätzliche Frage der Anpassungsmöglichkeiten ist unerheblich, ob die Vergütung des Aufsichtsrats in der Satzung der Gesellschaft festgesetzt oder lediglich mittels eines Beschlusses der Hauptversammlung bestimmt wurde. Insoweit sei lediglich an die Vorschrift des § 113 Abs. 1 Satz 4 erinnert, wonach die Vergütung auch dann mit einfacher Mehrheit angepasst werden kann, wenn die Vergütung in der Satzung festgesetzt ist. Es handelt sich hier also um einen der seltenen Fälle, in denen eine Satzungsänderung mit einfacher Mehrheit beschlossen werden kann.

Unstreitig zulässig ist es, die Vergütung für das der Beschlussfassung folgende Geschäftsjahr anzupassen. Man könnte zwar auch hier argumentieren, ein Aufsichtsratsmitglied werde für einen bestimmten Zeitraum gewählt, so dass er auch für diesen Zeitraum Vertrauensschutz beanspruchen könne. Ein solcher Schutz der Vergütungserwartungen der Aufsichtsratsmitglieder erscheint jedoch zu weit gehend. Notfalls muss der Aufsichtsrat sein Amt hier also niederlegen, wenn er mit dem angepassten Vergütungsniveau nicht einverstanden ist. Ist die Vergütung in der Satzung festgesetzt, muss die Satzungsänderung noch im laufenden Geschäftsjahr eingetragen werden. Erst durch Eintragung wird die Satzungsänderung wirksam.

Die zweite Fallgruppe betrifft jene Fälle, in denen die Vergütung ausgehend von der Beschlussfassung in der Hauptversammlung bzw. dem Datum der Eintragung der Satzungsänderung für die Zukunft gelten soll, allerdings nicht erst beginnend mit dem der Beschlussfassung bzw. Eintragung folgenden Geschäftsjahr. Nach der Argumentation des LG München I, die auf den Entstehungszeitpunkt der Jahresvergütung abstellt, liegt hier bereits eine unzulässige Rückwirkung vor. Ob sich andere Gerichte dieser Argumentation anschließen werden, ist allerdings unsicher.

Die dritte Fallgruppe bilden schließlich Fälle, in denen die Vergütung ausgehend von der Beschlussfassung in der Hauptversammlung bzw. dem Datum der Eintragung der Satzungsänderung für die Vergangenheit gelten soll, z.B. rückwirkend ab Beginn des betreffenden Geschäftsjahres. Bei diesen Fällen würde den Aufsichtsratsmitgliedern tatsächlich etwas entzogen, wofür sie ihre Leistung schon erbracht haben. Die Zulässigkeit der Vergütungsreduzierung ist in diesen Fällen daher abzulehnen.

Teilweise wird erwogen, zwischen fester und variabler Vergütung zu differenzieren und bei variablen Vergütungsbestandteilen eine Reduzierung auch noch im laufenden Geschäftsjahr zuzulassen. Mit der Argumentation des LG München I ist diese Differenzierung allerdings nur schwer vereinbar.

Abschließend sei noch darauf hingewiesen, dass die Gesellschaft mit ihren Aufsichtsratsmitgliedern keine Vereinbarungen treffen kann, die eine unterjährige oder gar rückwirkende Herabsetzung der Vergütung gestattet. Möglich sind lediglich Vereinbarungen, in denen das Aufsichtsratsmitglied im Nachhinein auf seine Vergütung oder Teile hiervon verzichtet.

Fazit

Die unterjährige Reduzierung der Aufsichtsratsvergütung ist grundsätzlich nicht möglich. Rechtssicher sind nur Beschlüsse, mit denen die Vergütung für das der Beschlussfassung bzw. der Eintragung der Satzungsänderung folgende Geschäftsjahr neu festgesetzt wird. Anpassungen der Vergütung nach oben sind unterjährig möglich.

Dieser Artikel ist erschienen im HV Magazin 4/2012.

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