Das Deutsche Aktieninstitut (DAI) schlug mit seiner jüngsten Statistik über die Zahl der Aktienbesitzer in Deutschland Alarm. So hat sich die Anzahl der Bundesbürger, die Aktien oder Anteile an Aktienfonds besitzen, im letzten Jahr gegenüber dem Vorjahr um eine halbe Million reduziert. Vor allem die Anzahl der Anleger, die direkte Aktien in ihren Portfolios halten, fiel von 2,8 auf nur noch 2,5 Mio. Laut DAI sind es vor allem Belegschaftsaktionäre, die sich hier verabschiedet haben. Als Ursache für das anhaltende Desinteresse an der Aktie werden im Kern folgende Punkte genannt: 1.) Die steuerliche Diskriminierung der Aktie gegenüber festverzinslichen Papieren infolge der Besteuerung sowohl auf Unternehmens- als auch Eigentümerebene; 2.) Die deutlich gestiegene Bürokratie und der damit erhöhte Aufwand bei der Wertpapierberatung („Beipackzettel“), die eine Aktienempfehlung des Beraters nahezu ausschließt; 3.) Die anhaltende Diskussion über die geplante Einführung der Finanztransaktionssteuer, die zu steigenden Kosten im Kauf und Verkauf von Wertpapieren führt; 4.) Die fehlende ökonomische Allgemeinbildung in der Bevölkerung, die das Verständnis über Kapitalmarktverzinsung und Vermögensaufbau vermissen lässt.

Prof. Dr. Wolfgang Blättchen
Prof. Dr. Wolfgang Blättchen

Es ist daher zu begrüßen, dass sich die führenden deutschen Direktbanken (Comdirect Bank, Consors Bank, DBAG Bank und ING Diba) durch eine repräsentative Kundenbefragung den zuletzt genannten Punkt der Desinformation unter der Bevölkerung bestätigen lassen und medienwirksam eine gemeinsame „Aktion Pro-Aktie“ ins Leben rufen, um die vorherrschende Skepsis und Vorurteile der Privatanleger gegenüber Aktien abzubauen. Zudem wird der 16. März 2015 mit Unterstützung der Deutschen Börse als „Tag der Aktie“ ausgerufen. An diesem Tag sollen beim Kauf aller DAX30-Aktien sowie ausgewählter DAX30-ETFs am Handelsplatz der Frankfurter Börse die Ordergebühren sowie sonstige Entgelte entfallen. Auch wenn diese Aktion vornehmlich im Eigeninteresse der Initiatoren steht, so ist eine mediale Präsenz der Aktie als Anlageinstrument sehr wünschenswert. Leider ist „die Aktie“ oder „der Aktionär“ sowohl in der breiten Medienlandschaft als auch in der Politik in der Vergangenheit mehr in die Schmuddelecke als „Spekulationsinstrument für Reiche bzw. skrupellose Spekulanten“ gerückt worden. Zudem wird ständig das Volkstrauma des Niederganges des Neuen Marktes und der „Volksaktie“ Telekom hervorgebracht, um jegliches Aktieninvestment als Glücksspiel zu diskreditieren. Über die Vermischung „Telekom/Neuer Markt“ kann man sich nur wundern. Hier bedarf es in der Tat einer objektiven Aufklärung!

Das bekannte Renditedreieck des Deutschen Aktieninstituts zeigt, dass unabhängig vom Zeitpunkt eines Einstiegs in die DAX30-Werte über einen für die Altersvorsorge üblichen Anlagehorizont von zehn Jahren oder mehr seit 50 Jahren mit Ausnahme von nur fünf Fällen immer eine positive Performance erzielt wurde. So legte der Aktienmarkt von 2004 bis 2014 trotz Finanzkrise jährlich um 8,4% zu. Selbst wer im Jahr 1999 den schlechtesten aller Einstiegszeitpunkte wählte, erzielte immer noch einer Rendite von 2,3 % p.a. Bei längeren Anlagezeiträumen von 20 bis 30 Jahren, lag die jährliche Rendite sogar zwischen 6% und 9%. Ein ähnliches Bild kann vermutlich auch für Investitionen im SDAX oder MDAX beobachtet werden. Erfreulicherweise lohnt es sich auch wieder bei Aktieneinführungen oder IPOs als Erstzeichner dabei zu sein. Die beiden Börseneinführungen von TeleColumbus und Ferratum im noch jungen Jahr brachten für die Erstzeichner bereits jetzt eine aktuelle Performance von jeweils rund 12%. Allerdings müssen die Privatanleger dann auch wie früher von den Investmentbanken bei der Platzierung berücksichtigt werden.

Wir hoffen, dass das derzeitige Umfeld und die beginnenden Initiativen allmählich zu einem Stimmungsumschwung führen und sich Privatanleger wieder mit dem Thema „Kapitalmarktanlage über Aktien“ befassen und sich zunehmend für dieses Finanzierungsinstrument entscheiden. Diese Entwicklung ist nicht nur positiv für die Vermögensbildung der Investoren, sondern auch entscheidend für die Finanzierungs- und Innovationskraft des Industriestandortes Deutschland, das dringend einen tieferen Kapitalmarkt für Risikokapital braucht.

Der Beitrag ist eine Vorabveröffentlichung aus dem GoingPublic Magazin 3/2015.

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