Dem Aktionär stehen mittlerweile im Zusammenhang mit der Hauptversammlung vielfältige Funktionen im Internet zur Verfügung – zur Information ebenso wie zur Wahrnehmung seiner Rechte. Neben der mittlerweile schon selbst verständlich gewordenen Veröffentlichung der Einladung auf der Internetseite der Gesellschaft und der Entgegennahme von Gegenanträgen per E-Mail werden insbesondere auch (bei Namensaktien) das ganzjährig zur Verfügung stehende Aktionärsportal, der elektronische Einladungsversand per E-Mail, die Anmeldung  zur Hauptversammlung sowie (bei Namensaktien und Inhaberaktien) die Stimmabgabe per Briefwahl und die Erteilung von Vollmachten und ggf. Weisungen umfangreich von den Aktionären genutzt.

Vollmachtskette nur unzureichend unterstützt

Alexander Balling
Alexander Balling, Director Business Development, Computershare

Betrachtet man diese Dienste genauer, so stellt man schnell fest, dass diese für die Nutzung durch den Aktionär konzipiert sind, während die Nutzung durch Bevollmächtigte bisher vernachlässigt wird. Verwunderlich in Anbetracht der hohen Anzahl an Eintrittskarten, die auf den HVs durch einen Bevollmächtigten genutzt werden.So wird beispielsweise in den bisher angebotenen Internetsystemen die Vollmachtskette nur unzureichend unterstützt. Ein Vertreter, der über die Internetanmeldung vom Aktionär bevollmächtigt wurde, kann die Internetfunktionalitäten nur nutzen, indem er die Zugangsdaten des Aktionärs verwendet. Will der Vertreter seinerseits über das Internet z.B. den Stimmrechtsvertreter (vorsorglich) bevollmächtigen, so muss er (mit den Zugangsdaten und damit im Namen des Aktionärs) i.d.R. seine eigene Vollmacht erst stornieren, bevor er eine Vollmacht an den Stimmrechtsvertreter erteilen kann. Ihm selbst ist damit aber der Zugang zur Hauptversammlung verwehrt, da für den Emittenten nicht zu unterscheiden ist, ob der Aktionär bewusst seine Vollmacht an den Vertreter widerrufen hat oder ob dies der Vertreter durchgeführt hat, um Untervollmacht zu erteilen.

Unterjährige Vollmachten problematisch

Noch problematischer wird die Situation, wenn die Anmeldefunktion, wie bei Namensaktien zur Unterstützung des elektronischen Einladungsversandes zunehmend üblich, in ein ganzjährig zur Verfügung stehendes Internetportal eingebunden ist. Will in diesem Fall der Bevollmächtigte die Internetfunktionalität nutzen (z.B. zur Erteilung von Untervollmacht an den Stimmrechtsvertreter), so benötigt er hierfür die dauerhaften Zugangsdaten des Aktionärs und kann damit z.B. auch die Versandadresse für den Einladungsversand ändern – ein Umstand, der sicher meist nicht im Sinne des Aktionärs ist.

Letztendlich steht damit auch die Möglichkeit, die Online-Eintrittskarte auszudrucken, die zunehmend bei Namensaktiengesellschaften zur Anwendung kommt, nur den Aktionären selbst zur Verfügung. Bevollmächtigt ein Aktionär im Rahmen der Anmeldung einen Vertreter, so muss er, falls er die Druckfunktion nutzt, die Eintrittskarte selbst in Papierform an den Bevollmächtigten weiterleiten.

Diese Beispiele zeigen deutlich, dass einige Prozesse der (Papier-)Hauptversammlung bisher nur unzureichend elektronisch im Internet unterstützt werden.

iPad
Aktionäre können über mobile Angebote an Hauptversammlungen teilnehmen

Um der zukünftig sicher weiter steigenden Nutzung des Internets Rechnung zu tragen und die signifikante HV-Teilnehmergruppe der Bevollmächtigten nicht außen vor zu lassen, sind neue Ansätze bei der funktionalen Gestaltung der Internetportale erforderlich. Eine entscheidende Herausforderung ist es dabei, auch die Aktionen, die ein Bevollmächtigter im Internet ausführt, von denen des Aktionärs eindeutig unterscheiden zu können. Idealerweise werden dafür unterschiedliche Zugangsdaten für den Aktionär und den/die durch ihn bevollmächtigten Vertreter bereitgestellt, um sowohl Missbrauch als auch Fehler bei der Bedienung auszuschließen. So sieht z.B. das Computershare-Investorenportal CESAR vor, dass Eintrittskarten, die bereits auf einen Bevollmächtigten ausgestellt werden, mit separaten Zugangsdaten für das Portal versehen werden. Mit diesen Zugangsdaten kann der Vertreter des Aktionärs dann, z.B. bei eigener Verhinderung, den Stimmrechtsvertreter bevollmächtigen (ohne seine eigene Vollmacht stornieren zu müssen), nicht jedoch seine eigene E-Mail-Adresse für den elektronischen Einladungsversand an Stelle der E-Mail-Adresse des Aktionärs hinterlegen o.Ä. Die komplette Kette ist im System dokumentiert bzw. alle Vollmachten bleiben im System erhalten. Damit kann der Aktionär oder auch sein Vertreter noch persönlich an der Hauptversammlung teilnehmen. Und natürlich wird, sobald die Vollmacht des Aktionärs an den Vertreter widerrufen wird, auch die Untervollmacht des Vertreters an den Stimmrechtsvertreter widerrufen.

Die nächsten Herausforderungen

Als Herausforderung stellt sich die Übermittlung der Zugangsdaten an den Bevollmächtigten dar. Wird die Eintrittskarte für den Bevollmächtigten zwar elektronisch angefordert, jedoch auf dem Papierweg durch die Anmeldestelle ausgestellt und versandt, erfolgt die Übermittlung der Zugangsdaten mit der Zustellung der Papiereintrittskarte. Dies ist jedoch bisher nur für Namensaktien möglich und auch für die dortige Online-Eintrittskarte oft noch nicht optimal gelöst. CESAR bietet deshalb für Namensaktien und Inhaberaktien die Möglichkeit, im Rahmen der Vollmachtserteilung an Dritte eine (neue) Eintrittskarte mit den neuen Zugangsdaten elektronisch auszustellen und direkt an die E-Mail-Adresse des Bevollmächtigten zu übermitteln.

Bei der Übermittlung der elektronischen Eintrittskarte per E-Mail tritt eine weitere Problematik auf, die in den letzten Monaten verstärkt in den Blickpunkt der Öffentlichkeit geraten ist: die unverschlüsselte Übertragung von Aktionärsinformationen über das Internet. Eine gute Alternative zum E-Mail-Versand vertraulicher Informationen stellt – bei hoffentlich weiterer Verbreitung – zukünftig die Anbindung der De-Mail- und E-Postbrief-Dienste an die Internetportale dar.

Fazit

Nicht nur im Bereich der Online-Teilnahme bestehen noch deutliche Entwicklungsmöglichkeiten, auch die Internetportale für Anmeldung, Briefwahl und Vollmacht/Weisung müssen laufend angepasst und neue Technologien integriert werden, um entsprechend der zunehmenden Nutzung des Internets allen HV-Teilnehmern eine möglichst komfortable und sichere Nutzung der elektronischen Medien zu ermöglichen.

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