Digitalisierung der Geschäftswelt, Brexit und die US-Wahl – das sind wohl die markantesten Themen der letzten Wochen und auch auf der ir 2017, die wie üblich von der Finanzkommunikations-Agentur cometis und dem ir club organisiert wurde.

Auch in diesem Jahr tauschten sich die IR-Profis untereinander über aktuelle Trends der Branche aus, umrundet von einem vielfältigen Konferenzprogramm. Bereits der erste Vortrag am Hauptkonferenztag – am Nachmittag zuvor fand ein kurzes Programm mit anschließendem Get-together über den Dächern Frankfurts statt – regte zu lebhaften Diskussionen im Publikum an: So zeigte Kapitalmarktanalyst Dr. Rafael Zajonz von der Deutschen Bundesbank die Bedeutung und Wirkung des Hochfrequenzhandels (kurz: HFT) auf.  Während HFT-Fürsprecher die bessere Planbarkeit z.B. von Chrashs loben, bemängeln Gegner die höhere Volatilität, die durch den rein von Computern gesteuerten Handel entsteht, sowie hohe Transaktionskosten.

IR-Moments 2017 auf einer Polaroid Leinwand.
„IR-Moments“ 2017 auf einer Polaroid Leinwand.

Digitale Revolution?

Während der Zuschauerumfrage kristallisierte sich heraus, wie der Großteil der IR-Community überhaupt zu HFT steht: Demnach waren zwei Drittel der Konferenzteilnehmer dem HFT-Handel eher kritisch gegenüber gestimmt und sprachen sich für eine deutlich strengere Regulierung bzw. gar einem Verbot des von Computer gesteuerten Handels aus. Auch kam die Fragestellung aus dem Publikum, inwieweit solch eine Entwicklung des Hochfrequenzhandels förderlich für die Aktienkultur sei – schließlich sei der persönliche Kontakt zwischen Investor und Emittent entscheidend am Kapitalmarkt, besonders für Privatanleger.

Digital ging es auch im weiteren Verlauf des Vormittags zu: So stellte Erik Podzuweit, Gründer und Geschäftsführer der digitalen Vermögensverwalter Scalable Capital sein Geschäftsmodell vor. Seit  2015 am Markt aktiv ist das FinTech-Unternehmen eines der ersten Startups mit BaFin-Lizenz und verwaltet aktuell ein Anlagevolumen von über 100 Mio. EUR. Nach eigenen Angaben zählt sich der Robo Advisor als  größter digitaler Vermögensverwalter in Deutschland.  Kritisch stellte man sich hier die offene Frage in der Diskussionsrunde, inwieweit IR  eigentlich noch zukunftsfähig sei im Zeitalter von digital gesteuerten Assets – denn mit einem ETF lässt es sich schließlich schier unmöglich kommunizieren als IR-ler.

Investor Relations im Spannungsfeld

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Investorenpanel auf der IR 2017. Foto: cometis.

Wie die Investor Relations-Arbeit  in der Ära der „neuen Medien“ überhaupt funktionieren kann, wurde in der „Power Hour I“ veranschaulicht: Dass der Blogger durchaus eine neue Zielgruppe für IR-ler sein kann, machte boersengefluester.de-Inhaber und selbst aktiver Blogger Gereon Kruse deutlich. Doch auch das Bewegtbild sollte in der Finanzkommunikation immer stärkere Aufmerksamkeit  bekommen– denn viele Sachverhalte lassen sich einprägsamer durch Videos darstellen, so zumindest die Argumentation der Referentin und Videojournalistin Jacqueline Dreyhaupt.

„Nervenaufreibend“ ging es während des Vortrags von Guido Pickert, IR-Direktor von Aixtron, zu:  Er erläuterte den gescheiterten Übernahmeversuch letzten Herbst des chinesischen Investors aus seiner Sicht. Obwohl die große Mehrheit der Aixtron-Aktionäre für eine Übernahme seitens der Chinesen stimmte, stellte sich die Bundesregierung schlussendlich gegen die Transaktion – angeblich auf Anraten des US-Geheimdienstes.  Aixtron wurde so zum „Spielball der Weltpolitik“ und Pickert durchlebte  unvergessliche und strapaziöse Zeiten, die er keinem seiner IR-Kollegen wünsche. Weitere brennende Themen auf der ir 2017 waren: Shareholder Activism, die ökonomischen Folgen des potentiellen BrExit und der US-Wahl, MAR-Praxis-Talk und erste Entwicklungstrend bei MiFID II  sowie viele weitere spannende Vorträge und Diskussionen. Traditionellerweise durfte am Ende der Konferenz die Investor Relations-Vergütungsstudie von Korn Ferry, die alle zwei Jahre veröffentlicht wird, nicht fehlen:  Demnach habe sich das Jahresdurchschnittsgehalt in der IR-Branche 2016 um 8% erhöht – gute Aussichten also für IR-ler trotz zunehmender Herausforderungen und neuer Regularien.

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