Bildnachweis: Apeiron, Wien.

Teil 4

Wir hatten in Heidelberg Halt gemacht, weil dort einerseits ein Halt in Sachen Krebsforschung immer sehr lohnend ist, andererseits aber auch die übergroße Menge der Themenvielfalt und Erzählstränge, die einem hier entgegenspringen eine kurze Verschnaufpause nötig machen. (siehe Teil 3 der kleinen Serie hier)

Insgesamt zeigt sich in Baden-Württemberg derzeit eine sehr strukturierte Landesstrategie in Sachen „Personalisierte Medizin“ aufzugehen, die man vor wenigen Jahren mit 4 Standorten und klinischen Expertenzentren für diesen Bereich aufgestellt hatte. Einen sehr guten Überblick (mit durchaus einer weiteren inkludierten Deutschlandreise zu wichtigen Orten der „Personalisierten Medizin) bietet der aktuelle Podcast von Julia Beisswenger im Hörfunksender SWR2 vom heutigen Tage der sich dabei schwerpunktmäßig mit Krebsbehandlungen beschäftigt, aber auch darüber hinausgeht.

Innovationsschmiede Rhein-Neckar-Dreieck

Das Heidelberger Krebsforschungszentrum, DKFZ, wie auch die Standort-/Regionen-Organisation BioRN hatten wir schon in oben erwähnter Folge gestreift, dort finden sich die aktuellsten, vielversprechenden Projekte für neue Behandlungsoptionen in der Onkologie – und mit dem neuen Inkubatorkonzept „BioLabs“ nun auch eine speziell gecoachte Wachstumsumgebung für neue start-ups. Bei der Suche nach Schlaglichtern fällt ein solches auch auf die Firma Affimed, eine der vielen deutschen Biotech-Firmen, die schließlich einen US-Börsengang für die größere finanzielle Ausstattung vorgenommen haben (und das schon 2014). Dieses Unternehmen bewegt sich bei der Krebstherapie im Feld der „zellulären Immunantwort“ und hat eine eigenentwickelte Technologieplattform mit gleich 4 verschiedenen Zell-Zell-Interaktionsstellen (tetravalent) entwickelt. Die kürzliche Kapitalerhöhung um über 115 Mio $ sowie einige Partnerschaften (die neueste aktuell mit Roche) zeigen das steigende Vertrauen der Investoren wie auch der Pharmaindustrie in diesen Ansatz.

Das Rhein-Main-Neckar-Kreuz lässt nun viele Abschweifungen zu, und darum nur in aller Kürze mit dem Adlerblick auf diesen deutschen Biotech/Pharma-Hotspot: In Mannheim darf man die deutsche Roche-Zentrale nicht verpassen, wie schon im erwähnten bayerischen Penzberg ein Großstandort für die Biopharmazeutika-Produktion, gleich über dem Fluss in Ludwigshafen wartet Abbvie, und es würde wiederum zu weit führen, an dieser Stelle auf die Vorgängerfirma Knoll und den Wirkstoff Humira zu blicken…, denn es geht ja um Onkologie: und auch dort hat sich Abbvie eine breite Pipeline und sehr vielfältige Ansätze aufgebaut. Wieder auf die andere Rheinseite gesprungen und kurz vor Frankfurt bleibt man in Darmstadt an der deutschen Merck hängen, ein über 350 Jahre altes Pharmaunternehmen, das alles andere als altehrwürdig, sondern ziemlich bunt und schrill und modern daherkommt – und beispielsweise auch schon früh erkannt hat, dass (Genom-)Daten und weitere Gesundheitsdaten das neue „Gold“ sind, und auch u.a. deswegen eine Partnerschaft mit der Datenanalytik-Firma Palantir eingegangen ist. Dieses joint venture ist zwar schon 2018 angekündigt worden und wird heute immer noch als „geplante Zusammenarbeit“ beschrieben, gleichwohl wird im Hintergrund an der Beherrschung der BigData auf mehreren Ebenen heftig gearbeitet und beispielsweise in der von Merck angestoßenen Initiative GOBDA (Global Oncology Big Data Alliance  gemeinsam mit Project Data Sphere wächst das Volumen der eingespeisten Patientendaten rasant.

Rhein-Main – beyond Covid

Natürlich ist im Rhein-Main(z)-Gebiet gerade jede Sinneszelle auf mRNA und, na, Sie wissen schon… angespitzt und einen Seitenblick hierauf wie auch den Frankfurter Zukunftscluster haben wir in Folge 2 geworfen. Noch ganz kurz darf man auch an die Universität Kaiserslautern blicken, wo zwar derzeit überhaupt kein Betzenberg bebt und und auch keine roten Teufel über den grünen Rasen rennen, aber eine hochspannende Wissenschaft stattfindet. Zuzanna Storchova und internationale Kollegen untersuchen dort die Entdeckung, dass viele Krebszellen einen veränderten Chromosomensatz haben. Diese Chromosomen-Vervielfältigungen sind möglicherweise sogar ein gemeinsamer früher Fehler bei der Krebsentstehung ganz allgemein und wären daher ein geeigneter Ansatzpunkt für breiter wirksame Therapeutika. Auf diesem Weg ist die Forschergruppe laut neuester Publikation in „nature“ ein gutes Stück weitergekommen: https://www.nature.com/articles/s41586-020-03114-6
An der Mainverzweigung sollte nun aber auch der Blick nach Osten gestattet sein: in Würzburg bietet nicht nur das dortige Universitätsklinikum eine bundesweite Speerspitze der Immunonkologie-Forschung, dort werden auch viele der innovativen klinischen Studien in diesem Feld durchgeführt, und mitunter auch startups aus dem dortigen Gründerzentrum IGZ auf den Weg geschickt, wie etwa die in Folge 1 erwähnte CatalYm (mittlerweile in Martinsried ansässig), oder auch die Firma T-CurX, und zeigen damit auch die modernen Verbindungen von CRISPR/Cas-Technologien mit neuen T-Zell-Innovationen.

Doch nun, nochmals kurz Luft geholt und dann ab nach Norden und im letzten Teil der Serie werden wir eine schweißtreibende Galopprunde durch Thüringen, Sachsen und weitere märkische Lande zu einem hoffentlich stimmigen Schlussspurt über die schneebedeckte Fläche gen Westen reiten und mit etwas Zielwasser und Glück einen Abschluss zur besten Karnevalseinstimmung im Rheinischen finden, soviel da eben in Zeiten von, na, Sie wissen schon… eben möglich ist. Bleiben Sie dran…

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