Das Europäische Parlament hat am 15. April 2014 einen Vorschlag der Europäischen Kommission für eine Richtlinie zur Offenlegung bestimmter sozialer und ökologischer Aspekte von großen Unternehmen verabschiedet. Ziel der Richtlinie ist es, die Transparenz und die Berücksichtigung ökologischer und sozialer Aspekte von Unternehmen in der EU zu erhöhen. 

Dabei steht es den Unternehmen frei, ob sie ihrer Offenlegungspflicht im Rahmen des Geschäftsberichts oder mit einem eigenständigen Bericht nachkommen. Eine unverbindliche Leitlinie zur Methode der Berichterstattung wird ab Oktober 2014 von der Europäischen Kommission ausgearbeitet werden. Diese soll die Vergleichbarkeit der Informationen gewährleisten.

Mitarbeiterstarke Firmen betroffen

Die Entscheidung des Europäischen Parlaments wird weitreichende Auswirkungen für die Berichterstattung zahlreicher Unternehmen haben. Betroffen sind Firmen mit mehr als 500 Mitarbeitern. Sie müssen künftig über ihre Umwelt-, Sozial- und Arbeitnehmerbelange berichten. Sie sollen weiterhin offenlegen, wie sie gegen Korruption vorgehen und wie sie eine Vielfalt in den Leitungs- und Kontrollorganen gewährleisten. Aus Kommunikationssicht sind die neuen Vorschriften zu begrüßen. Sie verbessern die Transparenz für Investoren, Mitarbeiter und die breite Öffentlichkeit. Unternehmen, die schon heute Angaben sowohl zu ihren finanziellen als auch den nichtfinanziellen Geschäftsergebnissen veröffentlichen, haben niedrigere Finanzierungskosten, können talentiertere Mitarbeiter für sich gewinnen und sind letztlich erfolgreicher.

Ökologische und soziale Angaben relevant

Klaus Rainer Kirchhoff, Vorstandsvorsitzender Kirchhoff Consult
Klaus Rainer Kirchhoff, Vorstandsvorsitzender Kirchhoff Consult

Was aber soll eigentlich publiziert werden? Unternehmen sollen in ihrem Bericht relevante und wesentliche Angaben zu ökologischen und sozialen Aspekten offenlegen. Statt eines detaillierten Nachhaltigkeitsberichts reichen der EU jedoch knappe Informationen, die notwendig sind, um sich ein Bild von der diesbezüglichen Entwicklung einer Gesellschaft zu machen. Was die Transparenz im Hinblick auf die Vielfalt in den Leitungs- und Kontrollorganen angeht, so müssten große börsennotierte Gesellschaften Angaben zu ihrer Diversitätspolitik machen und dabei die Aspekte Alter und Geschlecht, die geografische Vielfalt sowie den Bildungs- und Berufshintergrund erläutern. Offenzulegen sind hierbei die Ziele der Diversitätspolitik, die Art ihrer Umsetzung und die erzielten Ergebnisse.

Soweit zu den Inhalten. Eine zweite Frage, die sich stellt, ist die nach dem Grund der neuen Regeln. Die EU war einfach unzufrieden mit der bestehenden Berichtspraxis: Nach der Vierten Gesellschaftsrechtrichtlinie über den Jahresabschluss können Unternehmen selbst entscheiden, ob sie bestimmte Informationen über ökologische, soziale und andere Aspekte ihrer Tätigkeit veröffentlichen. Diese Anforderungen haben sich ineffektiv erwiesen und wurden in den Mitgliedstaaten unterschiedlich angewandt. Derzeit legen weniger als 10% der größten Unternehmen in der EU regelmäßig entsprechende Informationen offen. Das ist natürlich viel zu wenig.

Spielräume vorhanden

Und wie sollen Unternehmen mit den neuen Anforderungen umgehen, die künftig zu erfüllen sind? Die Richtlinie lässt erheblichen Spielraum. Unternehmen sollen relevante Informationen so veröffentlichen, wie sie es für sinnvoll halten. Dabei heißt es, dass Gesellschaften sich auf internationale oder nationale Leitlinien stützen können, die sie für geeignet halten. Dazu zählen beispielsweise „Global Compact“ der Vereinten Nationen, die ISO-Norm 26000 oder der Deutsche Nachhaltigkeitskodex. Wir empfehlen jedoch, sich an den Berichtsstandards der Global Reporting Initiative GRI zu orientieren – ein weltweit anerkanntes Regelwerk, das nach heutigem Kenntnisstand alle Anforderungen erfüllen und deshalb wohl auch am häufigsten befolgt werden wird.

Da die Implementierung einer Nachhaltigkeitsberichterstattung mehrere Jahre in Anspruch nehmen kann, sollte so früh wie möglich damit angefangen werden. Die Zeit rennt bis zum Inkrafttreten im Jahr 2017.

Erfahrungsgemäß sind hierbei vier Schritte zielführend:

  • Erstens ist eine umfassende Bestandsaufnahme im Unternehmen nötig. Dabei ist zu klären, welche Daten relevant sind. Das können beispielsweise Angaben über Abfallmengen, Strom- und Wasserverbrauch oder Emissionen sein, ebenso aber auch Daten zur Diversität der Belegschaft oder zur Compliance.
  • Zweitens sind Strategien und Ziele zu definieren. Und es muss über einen Berichtsstandard entschieden werden.
  • Drittens ist über entsprechende Erfassungs- und Monitoring-Systeme zu entscheiden. Dabei kann sich zum Beispiel das hauseigene SAP-System als zweckmäßig erweisen.
  • Und viertens ist schließlich die Konzeption und Umsetzung der Berichterstattung festzulegen. Sie müssen beispielsweise abwägen, ob Sie einen eigenständigen Nachhaltigkeitsbericht oder eine integrierte Berichterstattung anstreben.

Die nächsten Schritte: Ende September muss die Richtlinie vom Europäischen Rat noch genehmigt werden. Dies ist aber nur ein formaler Akt und wird zu keiner grundlegenden Änderung der vorgelegten Richtlinie führen. Danach wird die unverbindliche Leitlinie ausgearbeitet, an der sich die Unternehmen orientieren sollen. Im Jahr 2016 soll die Übergangsphase zur Implementierung der Richtlinie in nationales Gesetz erfolgen. Im darauffolgenden Jahr soll die Richtlinie für Unternehmen, die in den Geltungsbereich fallen, verbindlich werden.

Fazit

Aus Kommunikationssicht ist es zu begrüßen, dass das Europäische Parlament von großen Unternehmen künftig auch eine Berichterstattung über ökologische und soziale Aspekte fordert. Um diesen neuen Anforderungen gerecht zu werden, müssen bereits jetzt die Vorbereitungen für die künftige Berichtspraxis beginnen.

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