Prof. Dr. Wolfgang Blättchen
Prof. Dr. Wolfgang Blättchen

Die Frage der Beteiligung von Führungskräften oder Entscheidungsträgern stellt sich nicht nur zum Zeitpunkt des Börsengangs sondern oftmals schon sehr viel früher. Obwohl kapitalmarktbasierte Beteiligungsprogramme während des Börsengangs eigentlich üblich sein sollten, findet man sie in den letzten zehn Jahren nur bei rund einem Drittel (34%) der Neuemissionen (74 Emittenten). Etwa die Hälfte (53%) haben klassische Stock Options Programme bzw. Aktienoptionen aufgelegt. Nur 14% kombinierten die Ausgabe von Aktienoptionen mit dem Erwerb bzw. dem Halten von Aktien im Rahmen eines sogenannten Matching Stock Programms.

Die weiteren 15% der Emittenten gewährten den Begünstigten virtuelle Aktien (Phantom Stocks), die eine reine Barvergütung aus der Aktienperformance beinhaltet. Die restlichen 19% der 74 Emittenten haben Modelle einer direkten Aktienbeteiligung vor dem IPO bzw. eines vergünstigten Kaufes während und nach dem IPO implementiert. Etwa die Hälfte der Emittenten verfügte bereits Jahre vor dem IPO über ein Beteiligungsprogramm, das zum Börsengang den kapitalmarktkonformen Erfordernissen angepasst wurde.

Für „Start-ups“ bzw. junge, stark wachsende Unternehmen, die typischerweise bis zum Börsengang eine Reihe von Finanzierungsrunden durchgehen, hat sich die Ausgabe von „Phantom Stocks“ etabliert. Im Gegensatz zu einer direkten Beteiligung durch den Erwerb von Anteilen der Gesellschaft entsteht hier nur eine schuldrechtliche Erfolgsbeteiligung, die bei einem IPO oder Trade Sale ausgeübt werden kann. Da der Begünstigte keine Gesellschafterstellung einnimmt, entstehen keine Mitspracherechte und vor allem auch keine Stimmrechtsverwässerungen für die Altgesellschafter bzw. für die künftigen VC-Investoren in den anstehenden Finanzierungsrunden. Sollte der Begünstigte das Unternehmen vorzeitig verlassen, haben virtuelle Aktien den Vorteil, dass der Aktionärskreis geschlossen bleibt.

Für die Begünstigten selbst ist die Gewährung von „Phantom Shares“ steuerlich attraktiv, da erst bei Ausübung bzw. Bezahlung der Differenz zwischen dem Verkehrswert der Aktie und dem Bezugspreis eine Steuerschuld entsteht. Würde derjenige richtige Anteile mit entsprechendem Discount erhalten, wird er sofort mit einer „dry income“-Situation konfrontiert. Dennoch ist bei „Phantom Share“ Programmen vor allem bei einem IPO zu beachten, dass für die Gesellschaft ein erheblicher Kompensationsaufwand entstehen kann. Dieser außerordentliche Personalaufwand kann u.U. dazu führen, dass ein wesentlicher Teil des geplanten Emissionserlöses aus dem Börsengang für die Abgeltung dieses Programms aufgewendet werden muss. Dies steht im Widerspruch zu den Interessen der neuen Aktionäre, so dass diese vorbörslichen Programme in ein kapitalmarkttaugliches bzw. „Ownership-Programm“ umgestaltet werden müssen. Ein typisches „Ownership“-Programm bilden sogenannte Matching Stock Programme, die den Begünstigten mit Optionen für die Auszahlungsstreckung entschädigen.

Die Ausgabe von Aktienoptionen unterliegt allerdings restriktiven Bedingungen, die das deutschen Aktienrecht vorgibt: es ist eine vierjährige Sperrfrist zu beachten, Erfolgshürden müssen definiert werden und ein bedingtes Kapital von max. 10% des bestehenden Grundkapitals ist notwendig. Die verhältnismäßig lange Sperrfrist kann durch ein „rollierendes“ Programm etwas entschärft werden, im dem jährlich neue Optionen mit einer langen Laufzeit ausgegeben werden. Zudem steht dem Emittent eine zusätzliche Ausgabe von Phantom Shares frei, die keiner gesetzlichen Ausgestaltungspflicht unterliegt. Allerdings ist die Ausübung von Phantom Shares mit einer Cashbelastung verbunden, die für Unternehmen in Verlustjahren schwierig werden kann.

Fazit
Der Erfolg einer sich derzeit bildenden neuen Start-up-Kultur wird maßgeblich durch die Incentivierung der Key-Mitarbeiter beeinflusst. Die Restriktionen, die der Gesetzgeber für klassische Stock Options derzeit vorgibt, macht das Modell auch im internationalen Vergleich für diese Gruppe unattraktiv. An dieser Stelle wäre eine zeitgemäße „Deregulierung“ wünschenswert, um den Börsenplatz Deutschland attraktiver zu machen.

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