Wir sehen heute eine historisch beispiellose Flut neuer, auf den Markt drängender Produkte mit therapeutischen Quantensprüngen durch echte Innovation. Kein Wunder, dass Biotech in den letzten Jahren boomte und weiterhin boomen wird. Wir sprechen hier von lebensrettenden und damit unverzichtbaren Medikamenten. Nach einer Analyse von Bernstein Research wurde jedoch die aktuelle  Biotech-Rally vor allem durch die sechs größten Biotechfirme (Large Caps) bestimmt. Kann das alles sein?

Harald Schwarz
Harald Schwarz

80% der Sektorperformance seit Anfang 2012 entfallen auf die Biotechunternehmen Amgen, BiogenIdec, Celgene, Gilead, Regeneron und Alexion. Allein auf diese sechs Unternehmen entfallen nun ca. 75% der gesamten Marktkapitalisierung von mehr als 600 Mrd. USD des Biotechsektors, die höchste Konzentration, die jemals in diesem Jahrtausend erzielt wurde. 2001 vereinten die sechs größten Unternehmen (Amgen, Genentech, Genzyme, Immunex, Chiron, Idec) 48% der Sektor-Marktkapitalisierung von ca. 300 Mrd. USD auf sich. Dies ist auch ein Beleg für die Dynamik im Biotechsektor. Fünf der größten Unternehmen von 2001 wurden übernommen und durch neue Aufsteiger ersetzt.

Keine Frage: Die Kurs- und Wertsteigerungen dieser Large Caps haben eine solide Basis, das heißt Therapiedurchbrüche zum Beispiel bei Hepatits C durch Gileads Sovaldi und bei multipler Sklerose durch Tecfidera von BiogenIdec. Für Big-Biotech wird ein durchschnittliches jährliches Gewinnwachstum von 18% (Tab. 1) prognostiziert. Was aber oft vergessen wird: Auch diese Riesen – wie das am höchsten bewertete Biotechunternehmen Gilead – haben als Small Caps angefangen.

Biotech lebt von nachwachsenden Innovationen

Daher sind für Investoren die interessantesten Firmen die zukünftigen Aufsteiger, da sie das Potenzial heraus – ragender Kurssteigerungen bieten. So konnten sich im aktuellen Innovationszyklus Anleger über Kurssteigerungen von vielen Hundert Prozent freuen, die bereits vor drei Jahren bei Pharmacyclics, Medivation, Incyte, Seattle Genetics, Intermune, Isis oder NPS Pharma eingestiegen waren und vom Erfolg der in Entwicklung befindlichen Innovationen z.B. gegen Blutkrebs, Prostatakrebs oder seltene Erbkrankheiten überzeugt waren. Erfolgreiche Markteinführungen katapultierten diese ehemals kleinen Unternehmen ins Mid-Cap-Segment. Eines der jüngsten Beispiele ist Puma Biosciences mit einem Kurssprung von fast 300% auf 7 Mrd. USD Marktkapitalisierung. Der Grund: eine erfolgreiche Zulassungsstudie mit Neratinib bei HER2-positivem Brustkrebs. 2012 war die Firma noch ein Small Cap mit einem Marktwert unter 500 Mio. USD.

Tab. 1: Cowen Equity Research, 7.7.14
Tab. 1: Cowen Equity Research, 7.7.14

Forschungsdurchbrüche wird es auch künftig immer geben

Das sind bezogen auf die große Anzahl von kleineren und mittleren Biotechunternehmen spektakuläre Einzelfälle. Doch viele innovative Unternehmen sind noch unentdeckt. Ob die Aktie einer jungen, innovativen Biotechfirma billig oder teuer ist, lässt sich nicht einfach an quantitativen Parametern wie dem Kurs-Gewinn-Verhältnis messen. Vielmehr müssen Biotechunternehmen mit Produkten im Entwicklungsstadium umfassend wissenschaftlich analysiert werden. Um das Umsatzpotenzial abschätzen zu können, ist letztlich zu prüfen, ob ein von einem Biotechunternehmen entwickeltes Medikament einen neuen Therapiestandard setzen kann. Ein großer therapeutischer Fortschritt in Richtung Heilung macht bisherige Therapeutika obsolet und erschließt den gesamten Markt, wie aktuell am Beispiel von Sovaldi zur Behandlung von Hepatitis C sichtbar. Zusätzlich ist das Risikoprofil des Entwicklungsprozesses in Abhängigkeit von vorliegenden Studiendaten zu ermitteln. Überdurchschnittlich hohe Kursgewinne sind zu erzielen, wenn vielversprechende Innovationen frühzeitig erkannt werden, bevor es Analysten tun. Bahnbrechende Forschungserfolge von Biotechs sind künftig zu erwarten bei Rheuma, Arte riosklerose, Osteoporose und vor allem bei der Krebs bekämpfung. Für Therapien, die das Immunsystem zur Bekämpfung befallener Zellen aktivieren, wird das jähr liche Marktpotenzial auf 35 Mrd. USD geschätzt. Auch die Biotechforschung auf dem Gebiet seltener Erbkrankheiten ist sehr aussichtsreich.