PantherMedia 5009935Langsam entdeckt auch die eher als konservativ geltende Life Science Branche die Möglichkeiten des Online Marketings – der Branchenverband BIO Deutschland ruft im Rahmen der Aktionswoche „European Biotech Week“ seine Mitglieder zu einem Wettbewerb in YouTube auf. Virale Verbreitung heißt das Zauberwort und meint, dass sich gut gemachte Botschaften ganz ähnlich einem Virus exponentiell im Netz verbreiten. Von User zu User werden diese Botschaften, meist in Form von witzigen oder spannenden Videos, weitergetragen und erreichen so Menschenmassen, die mit konventionellem Marketing undenkbar bzw. unbezahlbar wären. Beim viralen Marketing geht es primär um die Steigerung des Bekanntheitsgrads eines Unternehmens oder um die globale Verbreitung einer Unternehmensbotschaft. Also um das, was im Marketing als Branding bezeichnet wird und die Wiedererkennung von unternehmensspezifischen Signalen im Unterbewusstsein von möglichst vielen Menschen bedeutet.

Boehringer Ingelheim macht es vor

Dass virales Marketing Firmen und Produkten das gewünschte Image verpasst und dieses leichter in die unbewussten Teile des Gehirns einbrennt, haben internetaffine Unternehmen schon seit Längerem erkannt. Seit einiger Zeit versuchen auch eher konservative Unternehmen aus der Biotechnologie und der Pharma-Branche die neuen Möglichkeiten im Marketing durch Dienste wie YouTube zu nutzen. Ein besonders erfolgreiches Beispiel ist das Familienunternehmen Boehringer Ingelheim, vielen als traditionsbewusst und eher konservativ im Gedächtnis. Ein Blick auf das von Ray Cokes, Marketing Direktor bei Boehringer Ingelheim, publizierte Video zeigt wie intelligentes virales Marketing auch in einer konservativen Branche wie den Life Sciences funktionieren kann, ohne dabei seine Glaubwürdigkeit und Authentizität aufs Spiel zu setzen.

Hier geht’s zum YouTube Video von Boehringer Ingelheim

BIO Deutschland auf dem richtigen Weg

Im Rahmen der diesjährigen „European Biotech Week“ veranstaltet erstmalig auch BIO Deutschland unter seinen Mitgliedern einen medialen Wettbewerb auf YouTube. Die Aktionswoche von BIO Deutschland, die das 60-jährige Jubiläum der Entdeckung der Struktur des menschlichen Erbguts feiert, will mit Videobeiträgen zum Thema Biotechnologie auch auf diese Entdeckung aufmerksam machen, die eine Revolution in den Biowissenschaften einleitete, die noch immer anhält. Auf einem speziell eingerichteten YouTube Kanal können Mitglieder ihre Videobeiträge zum Thema Biotechnologie öffentlich machen und sich der Bewertung durch die Online-Community stellen. Die beliebtesten Beiträge, also diejenigen mit dem größten viralen Verbreitungspotenzial, werden am Ende der Aktionswoche prämiert.

Virales Marketing muss gelernt sein

Der richtige Ansatz, auch wenn einige der teilnehmenden Unternehmen noch lernen müssen, wie virale Botschaften tatsächlich funktionieren. Wie sich echte Viren verbreiten, das wissen die meisten der Biotechnologie-Unternehmen ganz genau. Leider gelingt nur den wenigsten, dieses Wissen auch ins virale Marketing zu transportieren. Dabei ist die Botschaft relativ einfach: Wie Viren, so müssen auch virale Botschaften das passende Genom zu ihrer Verbreitung besitzen. Wer will schon Interviews, Unternehmensführungen und langweilige Produktpräsentationen verbreiten, wenn es doch so viel spannendere Geschichten gibt, die es sich zu teilen lohnt. Geschichten, die uns in eine andere Welt entführen, unsere Spiegelneurone und damit unsere Empathie stimulieren, und auf diese Weise ihre Botschaften innerhalb von Sekundenbruchteilen in unser Stammhirn brennen. Geschichten also, die eine Marke zu einer „Brand“ machen, auch in den Life Sciences.

Entertainment und Forschung schließen sich nicht aus

Das wichtigste Lehrstück für Biotech-Unternehmen, die das virale Marketing für sich nutzen wollen, lautet deshalb: Entertainment und hochqualifizierte Forschung schließen sich nicht aus. Ganz im Gegenteil: Denn gibt es etwas Spannenderes als Innovationen in Wissenschaft und Forschung, die Grundlage für das spannendste Genre der Filmgeschichte, die Science Fiction, sind. Was also hindert uns, diese spannenden Geschichten auch auf spannende Weise zu erzählen. Das Storytelling ist mittlerweile eine seriöse Form der Werbung und das Neuromarketing hat bewiesen, unser Gehirn liebt gute Geschichten. Der Seriosität tut dies keinen Abbruch, wie das Video von Boehringer Marketing-Chef Cocks eindrucksvoll beweist.

Öffentlichkeit wird immer wichtiger

Viola Bronsema, Geschäftsführerin des Branchenverbandes BIO Deutschland, erklärt in der Pressemitteilung zur Aktionswoche: „Die European Biotech Week ist eine wichtige Aktion, um die Wahrnehmung der Öffentlichkeit für die Erfolge der Biotechnologie zu erhöhen. Wir möchten mit dem innovativen Konzept der YouTube-Rallye zu dieser Aktion beitragen und so die Aufmerksamkeit auf die Leistungen deutscher Biotechnologie-Unternehmen richten“. BIO Deutschland zählt etwa 300 Mitgliedsunternehmen und hat das Ziel die Entwicklung in den Biowissenschaften zu unterstützen und zu fördern. Mit dem Ansatz, interessante Forschung vermehrt auch über neue Medien und Vermarktungsmöglichkeiten einer interessierten Öffentlichkeit zu präsentieren, liegt der Branchenverband richtig.

Wissenschaft wird massentauglich

Die Tatsache, dass sich von den 300 Mitgliedern nur ein Bruchteil an der Aktion beteiligt hat, zeigt aber auch, dass die Möglichkeiten der neuen Medien bei noch deutlich zu wenig Unternehmen der Branche angekommen sind. Die Forschung wird massentauglich, das zeigen auch die Suchergebnisse bei Google, die in den letzten Jahren rasant gestiegen sind. Tageszeitungen haben ihren eigenen Wissenschaftsteil und auch im TV werden wissenschaftliche Formate immer mehr zu Quotenkönigen. Doch haben dies auch diejenigen erkannt, die Wissenschaft zum Leben erwecken? Vieles spricht dagegen, denn nicht wenige Forscher sitzen noch immer in ihrem Elfenbeinturm und sehen verständlichen Dialog mit der Öffentlichkeit als Störung. Dabei wird öffentliche Zustimmung zu wissenschaftlicher Forschung auch für deren Finanzierung künftig immer wichtiger.

Show us what you’ve got

Unter dem Motto „Show us what you’ve got“ hätten die Mitglieder von BIO Deutschland ein unterhaltsames und gleichzeitig informatives Bild der Biotechnologie-Branche und ihrer individuellen Forschung präsentieren können. Über das Feedback der Zuschauer hätte sich zudem eine virale Marketing Strategie evaluieren lassen. Schade, dass dies vielen Life Science Unternehmen noch nicht wirklich bewusst zu sein scheint, wie ein Blick auf die magere Teilnehmerzahl auf YouTube zeigt.

Diese Unternehmen sind mit Beiträgen auf YouTube an der Aktion beteiligt:

– AiCuris GmbH & Co. KG
– BIO.NRW
– Clariant Produkte (Deutschland) GmbH
– Enzymicals AG
– Eppendorf Vertrieb Deutschland GmbH
– GATC Biotech AG
– MorphoSys AG
– QIAGEN GmbH

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