In der Verknüpfung nachwachsender Rohstoffe mit umweltschonenden Technologien nimmt Deutschland eine internationale Spitzenposition ein. Das hohe Innovationspotenzial der Bioökonomie ist denn auch unbestritten. Doch angesichts der Fülle an Herausforderungen des 21. Jahrhunderts, fortschreitender Klimawandel, immer knappere Ressourcen, eine wachsende Weltbevölkerung und die schwindende biologische Vielfalt, stellt sich die Frage nach einer grundlegenden Strategie.

Der Begriff Bioökonomie ist vergleichsweise jung. In den 1980er-Jahren wurden erstmals mit Hilfe von Bakterien neue Medikamente hergestellt. Doch seit Jahrhunderten schon nutzen Bierbrauer die Wirkung von Hefe zur Herstellung des Getränks. Überhaupt ist die Bioökonomie längst in unserem Alltag angekommen, auch wenn Nutzer und Verbraucher es nicht immer auf Anhieb merken. Algen helfen Treibstoff zu gewinnen; Plastikdübel werden unter anderem aus Rizinusöl hergestellt und Autoreifen aus Löwenzahn. Dem weiten Feld der Bioökonomie sind kaum Grenzen gesetzt. Die Kombination aus Wirtschaft und Ökologie, wirtschaftlichem Wachstum und Nachhaltigkeit bietet interessante Perspektiven für alle Beteiligten.

Politik setzt Anreize

Die Begrenztheit fossiler Rohstoffe zwingt zur Konzentration auf erneuerbare Ressourcen. Diese Fokussierung ermöglicht die Entwicklung und Einführung marktfähiger Produkte, Verfahren und Dienstleistungen für sämtliche Bereiche eines modernen und  zukunftsfähigen Wirtschaftssystems. Auch im Energiebereich ist die Bedeutung von Biomasse in den letzten Jahren enorm gestiegen. Der Energiemix der Zukunft ist ohne die Nutzung von Bioenergie wohl nicht praktizierbar.

Vor rund vier Jahren hat auch die Bundesregierung mit ihrer Nationalen Politikstrategie Bioökonomie eine klare Stellung bezogen. Darin enthalten sind klare Ziele und Prioritäten, so hat beispielsweise die Ernährungssicherheit stets Vorrang vor der Erzeugung von Rohstoffen für Energie und Industrie. Heute ist die Bandbreite der geförderten Maßnahmen groß: Sie reicht von der Initiative „Eine Welt ohne Hunger“ bis zur geförderten Kooperationen von Wirtschaft und Wissenschaft. Die Initiative „KMU-innovativ: Biotechnologie–BioChance“ soll Biotechfirmen den Start in den Markt erleichtern. Mehrere Forschungsvorhaben beschäftigen sich mit nachhaltiger Pflanzenzüchtung zur Ernährungssicherung und Energiegewinnung. Ein weiterer Schwerpunkt liegt in der Ausbildung von Fachkräften, welche die Forschung in den verschiedenen Bereichen der Bioökonomie vorantreiben sollen.

Zielkonflikte nicht ausgeschlossen

Doch wie soll es weitergehen? Die Nationale Forschungsstrategie Bioökonomie 2030 läuft in diesem Jahr aus, und so vielfältig die Chancen und Möglichkeiten der Bioökonomie auch sind, so schwierig mag es Verantwortlichen aus Politik und Wirtschaft zuweilen fallen, auf die richtigen Trends zu setzen. Bei all der Vielfalt sind mögliche Zielkonflikte nicht ausgeschlossen. Für Investoren wiederum bieten sich lukrative Geschäftsmodelle. In Deutschland hat ein Erfolgsmodell wie jenes der Brain AG gezeigt, dass auch Anleger von der Bioökonomie profitieren können. Zugegeben, manch Gewinnerwartung mag mit jenen aus der roten (pharmazeutischen) Biotechnologie nicht mithalten können. Doch gerade risikoscheue Kapitalgeber können im Segment der Bioökonomie ihr Schäfchen finden – wenn der Weg vorgezeichnet ist.

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