Bei öffentlichen Übernahmen müssen viele Faktoren, wie z.B. kulturelle Unterschiede zwischen zwei Unternehmen, berücksichtigt werden. So z.B. auch, wenn es zur Fusion zwischen Mittelständlern und Start-ups kommt. 

GoingPublic: Herr Dr. Frank, wo kommt Kloepfel Corporate Finance mit M&A konkret in Berührung?

Dr. Frank: M&A ist unser Kerngeschäft. Das Team der Kloepfel Corporate Finance kommt von etablierten M&A-Boutiquen und verfügt über langjährige M&A Expertise, insbesondere im Mittelstand. Der Mittelstand bildet zugleich unseren Kundenfokus sowie Private-Equity-Fonds und Konzerneinheiten mit einer Umsatzgröße zwischen 10 und 500 Mio. EUR jährlich. Wir beraten sowohl verkaufs- als auch kaufseitig, wobei rund zwei Drittel unserer Mandate Verkaufstransaktionen sind. Durch die Identifikation und den Zugang zu potenziellen Käufergruppen und Zielunternehmen mit dem spezifischen Branchen-Know-how der Kloepfel Group sowie durch gängige Verfahren der Unternehmensbewertungen, unter Berücksichtigung der jeweiligen Branchenspezifika, schaffen wir einen Mehrwert für unsere Kunden. Natürlich sind wir national wie auch international tätig.

Das erste Halbjahr ist vollbracht: Was waren aus Ihrer Sicht die Highlights am M&A-Markt in den vergangenen sechs Monaten?

Der M&A-Markt läuft gut. Die Zinsen sind derzeit niedrig und eine Vielzahl an Unternehmen hat eine hohe Cash-Position aufgebaut, weshalb die Kauflaune groß ist. Trotz der internationalen geopolitischen Unsicherheiten merken wir keine großen Unterschiede zum vergangenen Jahr. Wir empfinden derzeit ein steigendes Interesse von Käuferseite für branchenübergreifende Transaktionen, u.a. von klassischen Industrieunternehmen, die gezielt nach IT-Nischenanbietern suchen, z.B. auch in unserer jüngst abgeschlossenen Transaktion, bei der der Mechatronikkonzern Wittenstein die Anteile an der baramundi software AG, einem Anbieter von Unified-Endpoint-Management-Lösungen, erworben hat. Was wir auch merken, ist, dass die Unternehmensbewertungen angestiegen sind. Die Multiples liegen aus unserer Erfahrung aktuell im Schnitt bei 10x EBITDA, in manchen Branchen noch höher.

Das ist recht hoch – droht demnächst evtl. eine Überhitzung des Marktes?

Mit einer Marktüberhitzung haben wir es aus meiner Sicht noch nicht zu tun, aber man kann durchaus sagen, dass der Markt angeheizt ist. Irgendwann muss das Investment auch wieder zurückgezahlt werden, und bei den aktuell hohen Bewertungen könnte das auf lange Sicht problematisch werden. Obwohl im Niedrigzinsumfeld derzeit ausreichend Geld vorhanden ist und der Übernahmemarkt aktuell gut läuft, kommen nicht unbedingt mehr Deals zustande. Im Gegenteil: Die Ansprüche an Übernahmezielen sind hoch und es wird ganz genau hingeschaut, wo die Schwachstellen eines Unternehmens liegen. Die Anzahl der vielversprechenden Unternehmen, die für Investoren ein attraktives Target darstellen könnten, ist weiterhin begrenzt.

In der letzten Zeit sind viele neue innovative Jungunternehmen mit disruptiven Technologien entstanden, die für manchen Käufer von Interesse sind. Was gibt es bei Deals mit solchen Unternehmen besonders zu beachten?

Besonders wenn mittelständisch geprägte Unternehmen auf Jungunternehmen treffen, kommt es nicht selten zum Cultural Clash. Zwischen den Unternehmen herrschen oft sehr unterschiedliche Kulturen. Das fängt mit ganz profanen Dingen an, wie z.B. der Arbeitsmoral, die in der Regel bei Start-ups und traditionellen Mittelständlern ganz unterschiedlich sein kann. Jungunternehmer arbeiten mit innovativen Geschäftsmodellen und technologisch orientierten Ideen, während klassische Unternehmen sich auf etablierte Produktentwicklungsstrategien und die Expansion des Vertriebsnetzes fokussieren. Junge Technologieunternehmen entwickeln sich zudem sehr schnell und stetig weiter, was bei der entsprechenden Zeitplanung einer Fusion/Übernahme einkalkuliert werden muss. Ein durchschnittlicher Übernahmeprozess dauert neun bis zwölf Monate an – in der Zeit können sich gewisse Technologien bereits maßgeblich weiterentwickelt haben. Zudem werden andere Bewertungsmaßstäbe herangezogen. Es wird nicht nur auf die operative Größe, bspw. das EBITDA, abgezielt, sondern Fokus auf die Umsatz- und Technologieentwicklung gelegt. Das sind alles Faktoren, auf die sich das jeweilige Unternehmen einstellen muss, sofern es zu einer Übernahme kommt.