Norbert Wolf, Geschäftsführer, Steyler Bank in Sankt Augustin

Rohstoffinvestments sind bei Anlegern nach wie vor sehr beliebt. Aber Umweltprobleme und soziale Ausbeutung sind oft die Folge von Rohstoffförderung in großem Maße. Gibt es dennoch eine Chance für nachhaltiges Investment?

Die Kurse vieler Rohstoffe sind in den letzten Jahren explodiert. Grund für private und institutionelle Anleger, vermehrt hierein zu investieren. Investoren schätzen vor allem die Unabhängigkeit der Rohstoffpreisveränderung von der Entwicklung anderer Anlageklassen sowie die Vorstellung, mit Rohstoffen vor Inflationsgefahren besser geschützt zu sein.

Denn die Nachfrage nach Rohstoffen steigt stetig, dafür sorgen der zunehmende Bedarf der modernen Industrie, das globale Bevölkerungswachstum und der steigende Pro-Kopf-Verbrauch in vielen Schwellenländern wie Brasilien, China oder Indien. Weltweit werden heute jährlich annähernd 60 Mrd. Tonnen Rohstoffe verbraucht, fast 50% mehr als vor 30 Jahren.

Dabei führt die extensive Rohstoffgewinnung, vor allem in den ärmeren Ländern, immer wieder zu erheblichen Umweltproblemen und sozialer Ausbeutung. Man denke nur an den Coltanabbau im Kongo, bei dem Kinderarbeit an der Tagesordnung ist. Korrupte Systeme und Unternehmen sorgen zudem dafür, dass die Menschen in den Entwicklungsstaaten selten angemessen an den Rohstofferlösen beteiligt werden. Die Ressourcen sind zudem endlich.

Wer investieren will, sollte genauer hinschauen
Mit Blick auf die negativen Auswirkungen muss sich ein Investor, der Wert auf Nachhaltigkeit legt, fragen, ob er überhaupt guten Gewissens in Rohstoffe investieren kann. Der Mensch hat von Beginn seiner Existenz an Rohstoffe gewonnen, genutzt und gehandelt. Rohstoffe werden für alle denkbaren Produkte benötigt und stellen damit einen essenziellen Bestandteil des Wirtschaftssystems dar und sorgen dafür, dass ein gutes Leben gelingen kann. Auch eine nachhaltige Wirtschaft braucht Rohstoffe. Eine effiziente und verantwortliche Extraktion muss jedoch grundlegender Eckpfeiler der Orientierung sein. Investoren sollten daher gezielt Anlagemöglichkeiten auswählen, bei denen die nachhaltige Gewinnung von Rohstoffen, der sparsame Umgang mit ihnen und ihre Wiederverwertung im Mittelpunkt stehen.

Hierbei kann die ethische Geldanlage auf das langjährige Fachwissen von Ratingagenturen zurückgreifen, die sich auf Nachhaltigkeit spezialisiert haben. So kommt die Nachhaltigkeits-Ratingagentur Oekom Research in einer Bestandsaufnahme zu dem Ergebnis, dass nur ein Viertel der 130 weltweit größten Metall- und Bergbaukonzerne die Mindestanforderungen in Sachen Nachhaltigkeit erfüllt. Lediglich elf dieser Unternehmen erhalten den sogenannten Prime-Status. Hier ist also noch viel Nachholbedarf und es verbleibt eine erschreckend niedrige Auswahl an Investitionsmöglichkeiten.

Essen für alle, statt Gewinn für wenige
Mit dem Essen spielt man nicht – diese Binsenweisheit gilt auch für die Finanzbranche. Sowohl Anleger als auch Banken sollten sich die Frage stellen, ob es angesichts von mehr als 800 Mio. hungernden Menschen auf der Welt richtig ist, auf die bloße Wertentwicklung von Nahrungsmitteln zu spekulieren, ohne ein echtes oder berufliches Interesse an physischen Agrargütern zu besitzen. Ziel sollte es sein, Nahrungsmittel für alle zu erschwinglichen Preisen anzubieten.

Insbesondere bei Grundnahrungsmitteln ist darauf zu achten, dass durch den Kauf oder Verkauf nicht „Preistrends“ von Rohstoffen verstärkt werden, die unmittelbare negative Folgen für Menschen haben können. Preisübertreibungen nach oben beim Weizen beispielsweise verteuern für den Verbraucher den Kauf. Der stetige Anstieg der Lebensmittelpreise treibt jährlich Millionen Menschen in vielen Teilen der Erde in die Armut. Preisübertreibungen nach unten lassen den fairen Ertrag für kleinbäuerliche Erzeuger sinken. Dumping-Preise zerstören die Existenz der Kleinbauern und deren Familien. Deshalb gehören Nahrungsmittel zu den Rohstoffen, bei denen Investoren eine ganz besondere Verantwortung tragen.

Dennoch besteht für den nachhaltigen Anleger eine Chance zum Investment. Er sollte sich die Unternehmen aussuchen, die bei Produktion, Verarbeitung und Handel soziale und ökologische Standards einhalten. Da gibt es einige. Bei der Auswahl können fachlich spezialisierte Ethik-Anlageberater helfen. Fazit: Bei Rohstoffinvestments sollte der Rendite-Aspekt nicht im Vordergrund stehen, sondern die Auswirkungen auf die Gesellschaft und Natur. Jedes Investment bedarf dabei einer besonderen Überprüfung.

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